Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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begleiten zu laſſen, verwarfen die Departements-Adminiſtratoren. Die Verordnung des Departements wurde an die Mauern von Paris angeſchlagen. Am 20. Juni früh 5 Uhr verſammelten ſi<h die Petitionäre bewaffnet auf dem Baſtille-Plaß. Zuerſt erſchienen bloß 1500 Mann. Nach und nah aber wuchſen ſie zu einer ziemlih ſtarken Macht an. Sie wurden von dem Marquis de Saint-Huruge, einem hinabgekommenen Landedelmann aus dem Maconneſiſhen, und von Santerre geführt.

Die Sibungen der franzöſiſhen National-Verſammlung wurden, ſeitdem die Konſtituante von Verſailles nah Paris übergeſiedelt war, * in einer großen Reitſchule auf einer Stelle, welche jezt zur RivoliStraße gehört, in der Nähe der in den Tuilerien-Garten führenden Paſſage abgehalten, Dort war die Terraſſe der Feuillants, und man ſtieg auf einigen Stufen von der erwähnten Paſſage auf das Niveau der Reitſchule hinab.

Als die Petitionäre in der Verſammlung angemeldet wurden, ſträubte ſih die konſtitutionelle monarchiſtiſche Minderheit gegen ihre Vor= laſſung. Allein die Girondiſten entſchieden die Mehrheit für ihren Empfang. Als Sprecher diente den Petitionäreu Sulpiz Huguenin, ein Lothringer. Selbiger war 1750 geboren, hatte in Nancy als Advokat fungirt, wax aber wegen angeblicher Lüderlichkeit hinuntergekommen und unter die Carabiniers gegangen, von denen er deſertirt war. Hierauf war ex als Oftroi-Beamter in Paris angeſtellt worden. Bei Ausbruch der Revolution war ex einer der Führer in der Vorſtadt St. Antoine geworden und hatte ſi<h am Tage des Baſtille-Sturmes hervorgethan.

Dieſer jeht als Sprecher der Petitionäre an der Barre der Geſeßgebenden Verſammlung- erſcheinende Huguenin verlangte die Wiedereinſezung des entlaſſenen Miniſteriums, führte über das langſame Zuwerkgehen des Obergerichts Beſchwerde und drohte mit der Selbſthülfe des Volks, j

Nachdem er geredet hatte, wurde den Petitionären geſtattet, durch den -Verſammlungsſaal zu defiliren. An der Spive des Zuges, der aus etwa 30,000 Köpfen beſtand und auh einige Weiber und Kinder in ſeiner Mitte zählte, marſchirte eine Muſikbande. Selbige ſtellte ſi< unter der Tribüne des Präſidenten auf. Die beiden Führer Santerre und Huguenin, Piſtolen im Gürtel und Säbel in der Hand, hielten beim Defiliren die Ordnung aufrecht. Die Leute des Zuges waren mit Flinten, Piken, Aexten und Küchenmeſſern bewaffnet. Sie führten Fahnen und Banner bei ſi<h, worauf Juſchriften wie die folgenden ſtanden : „Das Volk iſt des Leidens müde!“ — „Die Freiheit oder den Tod !“ — „Hittre, Tyrann !“ — „Nieder mit dem Veto!“ — „Es leben die Sansculotten!“ Ganz hinten am Zuge kam ein Mann mit einer Pike, woran ein friſhes Ochſenherz tak. Dieſes Herz trug die Aufſchrift : „Ariſtokraten-Herz!“ — Man ſang den Refrain: Ça ira und rief unaufhörlih: „Es leben die Sansculotten !“ — Das Defiliren dauerte drei Stunden. Dann überreichte Santerre zum freundſchaftlichen An-