Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794

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Gerichten überwieſen war. Die Geſeßgebende Verſammlung erſuchte nun die Exekutiv-Gewalt, über die ergriffenen Maßregeln Rechenſchaft abzulegen, während der König unter der Erklärung, daß er perſönlich betheiligt ſei, die Verſammlung um Entſcheidung anging. Da aber Lettere gemäß den Vorſchriſten der Verfaſſung (Kapitel 4, Sektion 11, Artikel 5 — 8,) ſagte, daß zunächſt die Exekutiv-Gewalt über ihre Untergebenen zu eutſcheiden habe, ſo übermittelte ihr am 12. Juli der Juſtizminiſter eine Proklamation, dur< welche die Suspenſion des Maire und des Profkurators beſtätigt wurde. Petion und Mauuel wurden jeht der Verſammlung vorgeführt. Sie wurden freigeſprochen und zu den Ehren dex Sizung zugelaſſen. Sonach ſeßten die Girondiſten in der Geſeßgebeuden Verſammlung den Beſchluß dur, daß ihre beiden Freunde am 13. Juli wieder in ihre Aemter eingeſezt wurden. Da am folgenden Tage der Jahrestag von der Erſtürmung der Baſtille gefeiert wurde, erſchien Petion auf dieſem Revolutionsfeſte im vollen Stolze der Volksgunſt und im hellſtrahlenden Glanze ſeiner bürgermeiſterlihen Würde. Wo immer er ſih bli>en ließ, wurde gerufen : „Hoch lebe die Nation und der Maire Petion! Petion oder den Tod! Nieder mit dem Veto !“

Mittlerweile ging der Verſammlung ſeitens der Marſeiller Muui- -

zipalität eine Petition zu, worin die Abſchaffung des Königthums gefordert wurde. Es wäre Zeit, hieß es in derſelben, daß die Nation ſich ſelbſt regierte. Während nah den in dex Konſtitution verzeichneten Menſchenrechten alle citoyens zu allen Aemtern gleih zuläſſig wären : wie hätten da die Konſtituanten feſtſeßen können, daß das Königthum erblih übertragen werden ſollte? Die Nationen wären nicht dazu beſtimmt, um auf dieſe Weiſe geopfert zu werden. Ein ſolcher Artikel in der Konſtitution wäre infam und verbrecheriſ<h. Dann, was könnte der Gleichheit vor dem Geſeß mehr zuwider ſein, als ein unverletlicher König? Jeder Einwohner des Staates müßte unter dem Schwerte der Geſetze ſtehen. Warum ſollte der König hiervon ausgenommen ſein ? „Alſo, Geſeßgeber“, ſo {loß die Petition, „wenn Jhr Etwas ſein uud dem Wunſche der Nation entſprechen wollt, ſo ſchaft ein Geſey ab, welches ſie niht länger leiden kann !“ Í Abex der Süden Frankreichs ließ es nicht bei bloßen Worten bewenden, ſondern die Städte Marſeille, Toulon, Avignon, Montpellier und Nîmes ſchi>ten der Pariſer Kommune eine aus ihren verwegenſten Geſellen gebildetes Bataillon Nationalgardiſten nebſt zwei Kanonen. Selbiges ſollte den König entthronen helfen.

Schon zum Feſte des 14. Juli waren aus allen Departements Nationalgardiſten herbeigekommen. Das die Bildung eines Lagers von 20,000 Mann anordnende Dekret der Geſehgebenden Verſammlung erhielt auf dieſe Weiſe troy des königlihen Vetos ſeine Ausführung. Judeß wurden dieſe Föderirten nah dem Rathe, den früher der intrigante Miniſter Dumouriez dem Könige gegeben hatte, nah einem bei Soiſſons errichteten Lager abgeführt, angeblich, um ſie zu diszipliniren, in Wahrheit aber, um ſie von Paris zu entfernen und ſie zu paralyſiren. Paris, die Hauptſtadt der Revolution, ſollte von Vertheidigern entblößt ſein. Zugleich ſchrieb der verlogeue König an die Geſehgebende Ver-