Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen
V. Die Beregtheit des Blicks (Tabelle 5)
Wir kennen das Auge als eines der beweglichsten Organe, ist doch der „Augenblick“ gleichsam zum Sinnbild der blitzschnell vorüberhuschenden Gegenwart geworden. Es kann die Beweglichkeit des Auges von sehr verschiedenartigem Charakter sein, je nachdem, welche von seinen mit Muskeln versehenen Partien an der einzelnen Bewegung teilnehmen: vor allem kann es der Augapfel selbst mit seinen sechs äußeren Augenmuskeln (Fig. 22), aber auch Linse und Pupille sein (Fig. 21). Besonders sind es natürlich die antagonistischen Muskelpaare (z. B. oberer und unterer Augenmuskel, Ringund Radiärfasern von Linse und Pupille), die durch ihr Hinund Wiederspielen sowohl das Vibrieren und Flackern im stabilen und labilen Gleichgewichtszustand wie auch die mehr oder weniger gespannte, scharfe Einstellung bewirken.
So paradox es klingt, man kann Bewegung auch in der starren Zeichnung und so auch im momentanen Ausdruck wirklich sehen, ebenso wie die Spannung. Die beiden wichtigsten physikalisch-dynamischen Begriffe, die außer der räumlichen noch die beiden anderen Grundeinheiten der Physik, Zeit und Kraft, einschließen, sind in die Beschreibung ebenso hereinzunehmen wie die räumliche, auf die sie doch beide zurückzuführen sind. Daß Josma Selim (X, 9) einen lebhafteren Blick hat als Modell IV, 1, das ist schon beinahe eine Beschreibung.
Bewegungen können mit sehr verschiedener Geschwindigkeit vor sich gehen, der das menschliche Auge nach oben wie nach unten nur bis zu einem gewissen Grade folgen kann. Ein schnelles und nicht regelloses Nacheinander von Bewegungen wird vom menschlichen Auge zu einer charakteristischen Gestalt zusammengefaßt, die eben dann bewegt scheint. Wenn wir irgend eine menschliche Tätigkeit im
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