Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

Film aufnehmen und dann unter der Zeitlupe abrollen lassen, so ergeben sich oft die unerwartetsten Teilphasen der Bewegung, die erst in einem kleinen Bereich in die eigentlich ausdrucksvolle Stellung übergehen. Wenn wir diesen Bereich im Gemälde oder mit der Kamera erfassen, so haben wir den fruchtbaren Moment des Ausdrucks getroffen; vorher und nachher hängen die Bilder sozusagen unbewegt in der Luft, wie oft auch die Bilder schlechter Zeichner. Vgl]. als Beispiel der Erfassung des fruchtbaren Moments die Szene „Straßenmusikanten“ (XV, 2), als Beispiel eines unfruchtbaren die „Fußballszene“ (XV, 1).

1. Der lebhafte Blick

Der ruhige Blick hat den Kontakt mit einem Gegenstand gefunden, auf dem er eben ruhen kann. Daher wird er die Kontakteinstellung des Blicks in dynamischer Hinsicht bedeuten,‘ wie umgekehrt ein bewegter Blick in irgend einer Hinsicht eine Kontaktlockerung, aber wohlgemerkt, Lockerung wieder nur in Bezug auf den Einzelgegenstand. Denn gerade dadurch, daß der Blick von einem Gegenstand zum anderen springt, kann der Kontakt mit vielen Gegenständen hergestellt werden, und ein lebhafter Blick, aus Lebhaftigkeit der Seele geboren, wie der ruhige aus ihrer Ruhe, kann daher ebenso wie der offene Blick das Merkmal einer vielfachen Berührung mit der Welt sein (Frau Montessori IV, 8; Lessing VIII, 2; Wagner Fig. 18). Die Lebhaftigkeit kann sogar eine Kontaktverstärkung durch die Hinwendung zum Kontakt recht anschaulich vor Augen führen, ähnlich wie die Hinwendung des Blicks zum Beschauer aus seitlicher Haltung (vgl. Blickrichtung). So beim koketten Blick (Josma Selim X, 9; Zrei junge Herzen XI, 3), beim angriffslustigen Blick in Suggestion (Wagner Fig. 18) oder wirklichen Angriff im Scherz (Pastillenmann Fig. 12) oder Ernst (beim Rachsüchtigen XVI, 6).

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