Giorgiones Geheimnis : ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance
aufgezeichnet. Es finden sich hier so verräterische Inschriften wie „Aemilius vatum princeps”, „Pomponius pontifex maximus, Panthagetes sacerdos achademiae romanae” u.a. Auch sonst ist die Anrede „ehrwürdigster und weisester Meister” ebenso wie der Titel „Bruder” in der römischen Akademie überliefert, und Petrus Marsus sagt in seiner Gedächtnisrede am Sarge des Laetus: „er istes gewesen, der die alten Riten (veteres ritus), welche Klugheit und religiöser Sinn eingeführt hatten, die aber durch langdauernden Mangel an Pflege und durch eine Art von Gedankenlosigkeit abgenutzt und gleichsam übertüncht waren, (!) dieser unserer gemeinsamen Heimat durch seinen Fleiß wiedergegeben und nach Kräften vermehrt und verbessert hat mit dem Erfolge, daß des Romulus Nachkommen in unserm Zeitalter nichts Berühmteres besessen haben, als diese sehr ehrwürdige literarische Sodalität und dieses erhabenste Kollegium (ut gravissima litteratorum sodalitate collegioque augustissimo nihil celebrius hac aetate Romuli posteritas viderit).” Auc von der Akademie des Pontanus in Neapel, wo die Mitglieder so abgeschlossen lebten „wie im Bauch des trojanischen Pferdes”, ist uns Ähnliches bekannt, was auf ein Kultwesen mit hierarchischer Gliederung unter Verwendung sakraler Titel und Würden für die einzelnen Grade deutet. Daß die Teilnehmer an geheimen Zusammenkünften entsprechend den Titeln audı äußerlich gekennzeichnet waren, daß sie gewisse Abzeichen, vielleicht auch ganzeKostümetrugen, ist um so mehr wahrscheinlich, als vonK ostümierungen innerhalb der akademischen Feiern bei den Zeitgenossen viel die Rede ist. Freilich glaubten diese hier nur effektvolleK ostümfeste erkennen zu sollen. Unter den massenhaft auftretenden sogenannten „Akademien” des späteren 16. Jahrhunderts mögen in der Tat neben vielen rein gelehrten, fachwissenschaftlichen auch sehr viele literarische „Kränzchen” und gesellige, ja karnevalistische Vereine gewesen sein. Bestimmte Akademien scheinen aber die alte gnostische Erkenntnisweise besonders gepflegt zu haben. In Padua bestand eine „Accademia degli occulti” und G.B. della Porta begründete eine „Accademia deiSegreti” in seinem Hause, die, wie so manche Akademie seit ca.1525, von der Gegenreformation verfolgt wurde. In Venedig haben die Akademien jedenfalls ihren intimen Charakter länger bewahrt als in Florenz, wo sie aus
BJ