Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., стр. 285
e SS Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.
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füllt den weiten Raum mit ihren Klängen. Das Orcheſter ſtellte die Kapelle des Armierungsbataillons Nx. .…. unter der funſtſinnigen Leitung des _Offizterſtellvertreters Ries mann, die ihre Aufgabe mit Hingebung meiſterhaft löſte. Mächtig verhallen die Afforde, und nun nimmt die edle Sprache unſeres großen Altmeiſtèrs Goethe Herz und Sinn gefangen, ein glei< erhebender Augenbli> für die Zuhörer wie für die Darſteller. - :
„ZU Haus und in dem Kriege herrſ<t der Mann,
Und in der Fremde weiß er ſih zu helfen,
Ihn freuet der Beſiß, ihn krönt der Sieg,
Ein ehrenvoller Tod iſt ihm bereitet !“ _Wie mögen dieſe Goethiſhen Verſe in den Herzen der andächtigen Zuhörer mitgeklungen haben. Wohl niemals
iſt die. Dichtung vor einem tiefer ergriffenen Hörerkreis
_ wirkfungsvoller geſpro<hen worden, als hier vor den Feld=grauen, die no< unter dem Eindru> mancher Kampf= ſzene ſtanden, auf ſo geſ<hihtlihem Boden, in deſſen Nähe no die Kanonen des Weltkrieges ihren ehernen Ton weit= hin erſchallen ließen. Zweieinhalb Stunden dauert das Spiel ohne Pauſe, aber willig folgen unſere braven Feldgrauen dem Meiſter, wo-
Soldaten in den Wirrniſſen des Krieges einen herrlihen Sommerſonnentag verſ<hönt und verklärt zu haben.
Wie wir uns das Kreuz 1. Klaſſe holten.
….. Für Deine Glü>wünſhe herzlihen Dank. Deiner Bitte um eine nähere Schilderung der Ereigniſſe komme ih gerne na<. Unſere Stellung bei P. (Champagne) liegt in ziemli<h flahem Gelände, das nah dem Feinde zu langſam anſteigt. Der franzöſiſhe Schüßengraben beſchrieb nun gerade uns gegenüber einen ſtarken Bogen auf unſere Stellung zu. Er wirkte ähnli<h wie ein Keil und wurde uns no< dadur< doppelt ungemütlih, daß ſih auf dem ſ<malſten, unbeſeßten Streifen zwiſhen den Gräben, ungefähr 100 Meter von uns wie au<h vom Gegner entfernt, in einem Granatlo< ein feindliher Unteroffizierspoſten eingeniſtet hatte. Er beobachtete uns Tag und Naht und verhinderte uns, unbemerkt einen Annäherungsgraben an die franzöſiſhe Stellung heranzuſhieben. Der Poſten mußte alſo in erſter Linie verſ<hwinden, und dann ſollte von
dem Erdloch aus der feindlihe Bogen eingedrü> werden.
hin er ſie führt in dem erhebenden Geiſt edler Dichtung, die uns über den Alltag auf der Menſ<h= heit reine Söhen erhebt. Ein endlos toſender Beiz fall dankt den Künſtlern, die ſelten mit ſolher Hingebung ihr Beſtes den Beſten gegeben haben. Freundliche Aufnahme fanden die Künſtler bei den militäriſhen Behörden in Namur. Schon die Fahrt dur<h Belgien war an Eindrü>en rei. Geſhüßt und wohlbewacht von einer deutſ<hen Poſtenkette jagt der Zug dur< das Land, das die erſten Schre>en des Krie= ges geſehen. Aber nur wenig Zeichen no< mahnen an dieſe Shre>en. Ein reiches, blühendes Land bietet ſi< den Bli>en. Überall hat die gründliche deutſ<he Ordnung, wo es ging, die Zerſtörung des Krieges wieder ausgeglihen und ſ<nell wieder auſgebaut, was gegen unſeren Willen : zerſtört werden mußte. Der Empfang in Namur geſtaltete ſi ſehr herzlih. Jn fkaiſerlihen Automobilen wurden ſie ZUr Probe abgeholt und konnten auf der Fahrt dur< Namur die Schönheiten der freundlichen an der Maas und Sambre ge=legenen Stadt bewundern. Nur das Rathaus und ſeine Umgebung boten no< ein Bild der Zerſtörung. Von hier aus haben belgiſhe Soldaten auf unſere Rote-Kreuz- und Lazarettzüge geſchoſſen. Doch hinweg jeßt mit dieſen Ériegeriſen Bildern. Von der prachtvollen Kathedrale ertönt das Sanfktusläuten, weih ſ<hwellen die Schallwogen der reinen Glo>entöne über . die in herrlihem Sommerſhmu> daliegende Stadt dahin, alles atmet eine friedlihe Stimmung. Eine ſtille Meſſe wird in der Kirche geleſen, an der ſo mancher Feldgraue andahtsvoll teilnimmt. Vor der Kirche ſpielt ſpäter eine Militärkapelle Plazmuſik, deren rhythmiſhen Klängen auh die Namurer lauſhen. Der Vorſtellung folgte am Abend bei einer Bowle ein gemütliches Beiſammenſein im belgiſchen Lancierkaſino, bei welher Gelegenheit der Gouverneur von Namur, Exzellenz Freiherr v. Hirſchberg, den Künſtlern no<mals dankte und viel Schönes über die Kunſt und die Künſtler, die zu einer einzigartigen Aufgabe hierher gerufen wurden, zu ſagen wußte. Ein an Eindrü>en reiher Tag fand ſo ſeinen ſ{<önen Abſchluß, und dankbar verließen die Künſtler Namur in dem irohen Bewußtſein, unſeren braven feldgrauen
Phot, Gebr. Haecel, Berlin.
Goethes „JphHigenie auf Tauris“ vor deutſ<hen Soldaten und Bertvundeten auf der Freili<tbühne in Namur,
Das war damals im Dezember. Die erſten Überrump-/ lungsverſuhe ſ<lugen bei der Wachſamkeit des feindlihen Poſtens fehl. Endlich in einer dunklen Nacht bekamen mein Sreund G. und i<h vom Bataillonskommandeur die ErTlaubnis, auf eigene Fauſt den Verſuch zur Aushebung des franzöſiſchen Poſtens zu machen. Unſere Aufgabe war niht leiht, denn geſchoſſen durfte niht werden, um die Frangoſen drüben im Graben niht auf uns zu ziehen. Wir krochen alſo wie zwei Jndianer auf dem Kriegspſade, Seitengewehr auſgepflanzt, an das Loh heran. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, aber dann waren wir unbemerkt bis auf ſünf Schritt vor unſerem Ziel. Unterwegs hatten wir drei Olſardinenbüchſen mit Sand gefüllt und mit dieſen voll=führten wir jeßt eine föſtlihe Kriegsliſt. Auf ein Zeichen warfen wir raſh hintereinander die drei Büchſen mit Sand in das Loch, in dem wir die Rothoſen \<waßen hörten. Unſere „Handgranaten“ hatten auh rihtig die erhoffte Wirkung. Mit einem entſeßten „Oh, malade, allons, allons!“ flißten ihrer drei aus dem Loch heraus und rannten auf den jenſeitigen Shüßengraben zu, während wir lachend in die leiht eroberte Stellung. ſhlüpften. Gleih darauf begann drüben eine wahnſinnige Knallerei, aber wir ſaßen wobhlgeſ<üßt in unſerem Loch und lachten dazu. Wir hatten jeht die Rollen getauſcht. Jn der nächſten Nacht kroch ih zurü>, Der Kommandeur gab mir zwanzig Mann mit und