In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen

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Mund lebender und toter Menjchen mit dem feinjten Gips und formiert danad), und zeichnet danad), und lernt daran beobachten, jtudiert erjt tagelang einen."

Nach diejer Kleinen Probe wird es niemanden mehr über: tajhen, wenn man erfährt, daß Chrijtus jelbit einen großen Raum in feinen Fragmenten einnimmt, von dem er zahlreiche gute und jchlechte Bilder zufammentrug. Chriftus, das ‘ydeal des menjhlihen Genius, gab ihm die Schablone zum vollfommenen Menjchen, in welcje er Anlagen, Gejihts- und Kopfformen feiner Freunde und Befannten hineinpaßte. Sein hödjjter Wunjd war, einen Schattentiß von Yeju zu haben, und jeine Fragmente veranlaften daraufhin in Deutichland eine fürmliche Schattenwut. ES gehört der ganze Silhouettenfanatismus jener Zeit dazu, die Worte zu verftehen, wenn er jagt: „Aus bloßen Schattenrifjen habe ic) mehr phyjiognomiihe Kenntnijje ge jammelt als aus allen übrigen Porträts, durd) jie mein phyfiognomifches Gefühl mehr gejhärft, als jelber durch das Anihauen der immer fie) mwandelnden Natur. Die Phyjiognomif hat feinen zuverläfjigeren und unmiderlegbareren Bemeis ihrer objeftiven Wahrhaftigfeit al3 die Schattenrijje.” Uns genügt nicht mehr die Photographie, weil wir miljen wie jehr jie täufhen fann, uns genügt nicht mehr ein naturgetreues Bild mit dem Unblid eines flüchtigen Moments, der gewöhnlich für die betreffende Berfon nicht harakteriftifch ift, und Zavater wollte aus der Gejichtsfontur allein den ganzen geijtigen Ausdrud des Menjhen erraten. Ja nod) mehr. Er veritieg fi) zu Bes hauptungen, die nicht nur Kopfichütteln erregen, jondern ernfte Gegner ihm jchaffen mußte. Jm dritten Bande jeines Werkes ihreibt er auf Seite 349 vom preußifchen König Friedrich IL., nachdem er das Auge vorher bejprad), daS „mehr treffend als blendend, durchdringend als bligend“ fein foll, wörtlich: „Aber, man dede das Auge! man verbinde dem Phyjiognomijten die Augen — man erlaube ihm, mit dem bloßen Gefühle der äußersten Fingerjpigen von der Höhe der Stirne bis an das Ende der Nafje janft herabzuglitichen — neuntaufend, neun= hundert, neunundneunzig vor ihm werden ihm vorgeführt Friedrich jet der Zehntaufendfte — und der Bhyjiognomijt wird niederfallen und ausrufen — ein prädeftinierter König — oder