Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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der Welt, war überaus ſanft und liebenswürdig und dabei voller Geiſt und Leben. Ein Fräulein von Viere>, mit dex ih ebenfalls befreundet und die ungefähr von meinem Alter oder vielmehr jünger war als ich, exſehte ſie bei der Königin; aber meinem Herzen konnte ſie nicht die treue Liebe und den treuen Rath erſehen, die ih bei Fräulein von Kalkſtein immer gefunden hatte, und in der ſchwierigen Lage, in der ih ſhon damals war, entbehrte ih Beides doppelt. Die Ereigniſſe, die jezt auf mi einſtürmten, brachten niht nur den größten Schmerz und den härteſten Kampf meines Lebens über mic, ſie führten auh den folgenſhwerſten und wih= tigſten Moment deſſelben herbei und drängten mich zu Entſchließungen, welche deſſen Geſtaltung verhängnißvoll beſtimmten.“

Unter dem Jubel - Geſchrei ſeiner Unterthanen war Friedrich II. am 28. December 1745 nah Berlin heimgekehrt. Man holte ihn prachtvoll ein, erleuchtete die Stadt und nirgends wohl war die Freude in dieſen feſtlichen Tagen größer und inniger als an dem Hof der glücklichen Mutter des ruhmgekrönten Königs, die ſo ſtolz auf dieſen gelich= ten Sohn war. Die Königin -Wittwe reſidirte ſeit dem Tode ihres Gemahls in Berlin und wohnte Winter und Sommer in dem Schloſſe Monbijou. Als jeht der König ſeinem älteſten Bruder das Schloß Oranienbuxg ſchenkte und dieſex ſeinen Hoſhalt dorthin verlegte, lud ex ſogleich ſeine Mutter dahin ein und ſie brachte während dex nächſtfolgen= den Friedensjahre regelmäßig einen Theil des Sommers bei ihm in Oranienburg zu. Dieſer Prinz Auguſt Wilhelm,