Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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ſehr gefürchtet und machte uns Allen viel Noth und Unannehmlichkeiten. „Dex König und die Prinzen rü>ten zur Zeit da ih an Hof kam, eben wieder in's Feld, da der Krieg im Jahre 1744 von Neuem losbra<h. Während des ganzen Herbſtes 1745 wurden wix dur die Oeſtreicher beunruhigt, welche die Marken und Berlin bedrohten. Aber als am 15. Decembex der Prinz von Deſſau die Schlacht bei Keſſelsdorf gewonnen hatte, zogen die Oeſtreicher eilends ab, unſere Armee bezog Winter - Quartiere und dex König unterzeichnete bereits am 25. December in Dresden den Frieden.

„Der Carneval hatte wie gewöhnlih am 1. Decembex begonnen. Jn jeder Woche waren feſtſtehende Cour- Tage bei meiner Königin, eben ſolche bei der regierenden Königin; beſtimmte Tage für die Redouten, die Oper und die Komödie, dies alles beſu<hte meine Königin auf das Regelmäßigſte und für mich waren es lauter Feſte und Freuden.

„Die Königin = Mutter hatte vier Hof= oder StaatsDamen, die Fräuleins von Kneſebe>, von Kallſtein, von Bredow und mich; die Erſte, Fräulein von Kneſebe>, war jedoh mit dex Prinzeſſin Ulrike nah Schweden gegangen und kam erſt Anfang des Jahres 1746 von dort zurü>, und Fräulein von Bredow konnte wegen einer Wunde an der Wange, in Folge eines ſ{<le<t ausgezogenen Zahns, dieſen ganzen Winter hindur< keinen Dienſt thun. Jm Sommer verheirathete ſich Fräulein von Kalkſtein mit dem Adjutanten des Königs, dem General von Willich, und ihr Abgang vom Hoſe wax für mich ein großer Verluſt. Bon Kindheit an war ſie meine beſte Freundin geweſen, obgleich ſie mehrere Jahre älter war als ih, ſie hatte den beſten Charakter von