Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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um meinem theuxen König zu gratuliren: ih ſchenkte ihm einen ſ{hönen Farbenkaſten zu ſeinen Malereien. Die Königin hatte ihm einen ſehr hübſchen Stuhl aus Petersburg kom-= men laſſen mit rothem Juchten überzogen. Wix machten eine Landparthie an einen reizend gelegenen Ort, dex aber drei ſtarke Meilen von der Stadt entfernt lag und bei dem argen Wind und Regenwetter war die Fahrt nicht angenehm. Dort angelangt, wurde ganz en famille Mittag gegeſſen und dann fuhr ih etwas früher mit dex kleinen Prinzeß Louis= hen zurü> und wax um 8 Uhr Abends wieder hier. Die Anderen kamen viel ſpäter, hatten no< ein gewaltiges Ge= witter und die beiden älteren Prinzeßc<hen wurden umgeworfen, do< nahm zum Glück Niemand Schaden. Früh waren wir natürli<h Alle in der S<hloßkirche, der König wollte dur<h-= aus keine Feier des Tages geſtatten und das dafür beſtimmte Geld wurde an die Armen vertheilt. Dennoch wollten die Bünger den Kanal und den Schloßteich illuminiren; aber ‘Beides und ebenſo das beabſichtigte Feuerwerk ward un-=barmherzig vom Regen ausgelöſcht. J 4, October.

Seit vielen Wochen habe ih krank gelegen, und kaum von einem langen Nervenfieber oder Schleimfiebex geneſen, hatte ih heute zum erſten Mal eine ruhige Nacht. Beim Aufwachen frug ih na< dex Königin und man ſagte mir,

es ginge ihr gut, während ſie doch ſeit 5 Uhr früh bereits

in heftigen Schmerzen war! Die Königin hatte verboten, es mix zu ſagen, um mich niht zu ängſtigen, und ih ahnte nichts, als um 10 Uhr dex arme König plößlih ganz außer Athem vor meinem Bette ſtand, um mix zu ſagen, daß die Königin von einem Prinzen entbunden ſei! Jh hätte faſt