Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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19. Februar. Die Ruſſen kommen näher, aber die Franzoſen wollen durchaus niht die Stadt verlaſſen; ſie wollen ſie hier exwarten und ſich hier vertheidigen. 20. Februar. Die Koſaken ſind vox ſämmtlichen Thoren der Stadt, ſie waren ſogar im Thiergarten; die Franzoſen ſtellten die Kanonen am Brandenburger Thore auf und rings um das Schloß herum, entſchloſſen , die Stadt zu halten; doh kam es zu nichts, nux ein paar Leute wurden verwundet. Alles fam zu mix gelaufen, man beſhwor mich, in den exſten Stock hinauf zu gehen, des möglichen Straßenkampfes halber. Die Franzoſen concentrirten ſich dicht um das Palais herum und man dachte, es werde zu einem ernſthaften Kampfe kommen ; aber plößlich zogen ſich die Koſaken wieder zurück und waren verſchwunden. Den ganzen Tag wax ein Lärm und eine Aufſtörung ohne Ende; ih ſchrieb an Augereau, um ihn zu bitten, die Stadt niht unnüß zum Schauplaß eines Zu= ſammenſtoßes zu machen; er ſchi>te mix Mr. Lefevre, um mix zu ſagen, ex könne nicht anders handeln, als ex es bi3= hex gethan. Jh ſchrieb dem König; aber dex Brief konnte niht abgehen, weil feine Stafette dur<h die Feinde durchgelaſſen wurde; dann ſehte ih mich ruhig zu meinex Parthie mit Buch, Böttcher und Lottum und als ſie aus war, legte ih mich zu Bett; Gott wird uns ſhon beiſtehen. 21. Februar. Sonntag. Kein Gottesdienſt; alle Kirchen waren auf Augereau’s Befehl geſchloſſen und keine Glocke duxſte läuten. Endlich ging mein Brief an den König doh ab; aber es war ein entſeßlicher Tumult und Spektakel auf den Straßen,