Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

32 II. Grundvorstellungen des Poimandres.

Hippolyt benutzten Hauptschrift der Naassener die christlichen Zitate und Gedanken leicht ausscheiden lassen, und daß wir einen allerdings stark verkürzten heidnischen Traktat übrig behalten. Wendland hat dies in seiner Rezension!) gebilligt und den Nachweis aus den Angaben über orientalische Mysterien zu führen versprochen. So kann ich mich kürzer fassen und nur den längst niedergeschriebenen formellen Beweis hier bieten, die Ergänzung nach der sachlichen Seite aber von ihm erhoffen. Zum Verständnis habe ich vorauszuschicken, daß die Darstellung Hippolyts in drei Teile zerfällt. Der erste beginnt mit der Erklärung des Namens (p. 130, 1 Cruice, 132, 1 Schneidewin), gibt ganz kurz einige xepäAaıa an und schließt (p. 141,2 Cruice, 134, 80 Schneidewin) mit der Angabe, daß sie sich . für diese Lehren auf Mariamne berufen, die dies von Jacobus, dem Bruder Jesu, gelernt habe; der dritte beginnt (9.178,1 Cruice, 170,63 Sehneidewin) mit einer neuen Erklärung des Namens; eingestreut sind in diese beiden Teile Hymnen aus einer liturgischen Sammlung. Zwischen beiden steht ein längerer Abschnitt, der für Hippolyt beweisen soll, daß die Naassener ihre Lehren vielmehr aus dem Mysterienkult der Heiden entnommen haben, und der in der Behauptung gipfelt, daß sie die Mysterien der Göttermutter mitmachen und in ihnen ihre ganze Lehre bildlich schauen. Den Beweis soll eine sehr genau exzerpierte Kultschrift liefern, die uns im folgenden beschäftigen muß. Schon bei flüchtigem Lesen gewahrt man leicht, daß in diesem Exzerpt die neutestamentlichen Zitate und Gedanken den Zusammenhang zerreißen und sich alle leicht aussondern. Bei den alttestamentlichen Zitaten steht es etwas anders; ich habe in der folgenden Scheidung drei in dem Text gelassen, weil sie sich nicht lückenlos herausschneiden ließen. Die Folgerung, daß einst eine jüdische Gemeinde die Mysterien der Mntnp ueraAn gefeiert hat°), ziehe ich daraus nicht. Was uns vorliegt, ist nach meiner Behauptung ein heidnischer Text mit gnostisch-christlichen Scholien, bezw. in gnostisch-christlicher Überarbeitung, exzerpiert von einem Gegner, der dies Sachverhältnis nicht erkannte, und so erst von Hippolyt verwendet. Eine absolut sichere Scheidung der einzelnen Elemente ist

1) Berl. philol. Wochenschr. 1902 Sp. 1324.

2) Dies müßte, wenn man die Stellen näher ansieht, der Hergang sein; an sich unmöglich wäre das, wie die Zauberpapyri zeigen, durchaus nicht, aber stärkere Beweise müßten sich vorbringen lassen.