Theobald Bacher : ein elsässischer Diplomat im Dienste Frankreichs (1748-1813)

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ihr mußte durch Verträge erreicht werden. Öſterreich ſandte den Gouver= neur von Tirol, Graf Heiſter, nah Graubünden, doh ſtieß er überall auf Mißtrauen, weil man von den Anſprüchen Öſterreichs auf Schweizergebiet gehört hatte.

Bacher wandte den Machenſchaften Öſterreichs die größte Aufmerkſamkeit zu. Seine Korreſpondenz in den Jahren 1785 und 1786, als die Geſandtſchaft unbeſeßzt war, iſ mit Berichten über den Stand der Sache angefüllt. Sie zeugen von großer Sachkenntnis und bilden einen wichtigen Beitrag zur Geſchichte der öſterreichiſchen Politik unter Joſef 11. in Vorderöſterreich und der Schweiz. !)

Eine wichtige Änderung in den Verhältniſſen der Solothurner Geſandtſchaft und Bachers in derſelben trat ein, als Vergennes ſchon nach drei= jähriger Amtszeit 1789 wieder abging. Sein Nachfolger Vêrac verwaltete ſein Amt ſchlecht und ließ ſich Unterſchlagungen von Botſchaſtsgeldern zuſchulden kommen. Als die revolutionäre Bewegung in der Heimat überhandnahm, verſah er die Botſchaft nicht weiter und vereinigte ſich mit den Emigranten, die ſich in großer Menge in Solothurn einfanden. Die übrigen Beamten der Geſandtſchaft taten dasfelbe. Nux Bacher hielt, troßdem ſie auf ihn einredeten, im Amte aus. Bittere Feindſchaft zwiſchen ihm einerſeits und Vérac und ſeinem Anhang andrerſeits war die Folge und machte den Aufenthalt in Solothurn um jo peinlicher, als die Geſinnungen der Eidgenoſſen offenkundig auf Seiten des „Ancien régime“ waren. Dieſer Lage half die franzöſiſche Regierung zugunſten Bachers dadur< ab, daß ſie den König Bacher durch das Ritterkreuz des St. Ludwig8ordens auszeichnen und ihn dur Charakteriſierung als chargé d’affaires zum jelh= ſtändigen bevollmächtigten Geſchäftsträger Frankreichs machen ließ. 2)

Bacher dachte und handelte damals, als er auf ſolche Weiſe im Sommer 1791 geehrt wurde, anſcheinend feineswegs als Parteifeind Véracs und der Emigranten. Er ſah die Dinge und empfand die Lage, ſoweit die Korreſpondenz mit ſeinem Freunde und Kollegen im Auswärtigen Amt, Belland, uns einen Einbli> erlaubt, ganz als Diplomat, der, immer nur auf das Ausland achtend, auch die innerpolitiſchen Vorgänge nah ihrer Wirkung auf Frankreichs Anſehen in den anderen Staaten beurteilt. Wenn das Königtum für die Franzoſen jener Zeit in irgend einer Hinſicht unentbehrlich erſchien, ſo war es in der auswärtigen Politik ; denn das Königtum bedeutete

1) „Projet attribué à l’Empereur de faire des échanges et des acquisitions au moyen desquels les possessions de la Maison d’Autriche se trouveraient contigues le long du Rhin, depuis Rheinfelden jusqu’aux Grisons.“ Bericht Bachers, Juli 1785. A. 8. 418. Vgl. auch die Briefe vom 23. Mai, 6. November, 11, Dezember 1785.

2) A. S. 423.