Theobald Bacher : ein elsässischer Diplomat im Dienste Frankreichs (1748-1813)

Beſtrebungen perſönlich günſtig beurteilen, jedo<h trat er in keiner Weiſe für ſie ein, ſondern beſchränkte ſich auf die Berichterſtattung über ſie, ſoweit ſie für die Schilderung der Volfsſtimmung in Betracht kamen ; ſie verloren ſih damals allmählih ſchon im Lande. Unſer Intereſſe würden dieſe Treibereien und Phantaſtereien in dieſem ihrem lebten Stadium vielleicht überhaupt nicht mehr erwe>en, wenn ſie ſih nicht vielfah mit den an ſich ſchwächlichen, aber dennoch lehrreichen Bewegungen verſchlungen hätten, die auf Beſſerung des deutſchen politiſchen Organismus gerichtet waren. Den aufnahmefähigſten Untergrund für die Einführung der revolutionären Propaganda hatten von Anfang an die Reichsſtädte hergegeben. Es entwi>elte ſih in ihnen immer deutlicher eine demokratiſch-republikaniſche Partei. Bisher wurden ſie von einer reichen Kaufherrn-Ariſtokratie beherrſcht, die zur Verfügung des Kaiſers ſtand. Die Verwaltungsämter vererbten ſich in den Patrizierfamilien und wurden für deren perſönliche Jntereſſen aus-= genüßt. Dadurch lag beſonders die Finanzverwaltung im argen, eine verhältnismäßig ungeheure Schuldenlaſt, durch deren Verpflichtungen der kleine und mittlere Bürger ſchwer bedrüct wurde, hemmte alle ſtädtiſche Entwieklung. !) Alsbald, nachdem ſich die Öſterreicher vom Rhein zurüctgezogen hatten, begann ſich das demokratiſche Element in den Städten zu rühren; die Stellung der Ariſtokraten ſchien, wie Bacher meint, gefährdet, je mehr ſich 1798 die franzöſiſche Armee in der Schweiz der ſchwäbiſchen Grenze näherte. „La chûte de loligarchie bernoise a reveillé parmi la Bourgeoisie des villes Impériales de l’Empire Germanique lespoir de pouvoir aussÌì entrer dans leurs droits primitifs sous l'égide de la République francoise, avant la nouvelle garantie, dont on présume qu’Elle revêtira le futur Traité définitive.“?) Aber niht nur der Schuß der franzöſiſchen Republik lote die bedrängten Bürgerſchaften, ſondern in Eßlingen und in einem Teile der Ulmer Bürgerſchaft, möglicherweiſe auch ſonſt noch, tauchte die Forderung auf, daß die Stadt unter die Oberhoheit eines größeren benachbarten Staatsweſens, etwa Badens oder Württembergs, treten ſolle, weil die Reichsunmittelbarkeit zu drückende Folgen für das wirtſchaftliche Leben habe. Die Reichsſtädte Schwabens ſahen ſich dadurch veranlaßt, zu Ulm zu einer Beratung zuſammenzutreten, um gegen jolche Vorſchläge offen Stellung zu uehmen, und in einer Eingabe an den Kaiſer ihre unverbrüchliche Treue gegen die Reichsverfaſſung zu bezeugen. ®) Bacher muß perſönlich ſehr gute Verbindungen mit den Städten gehabt haben. Das zeigen uns ſeine eingehenden Berichte über den Ulmer Städtetag

9) Bacher an Talleyrand 5. germinal VI. Strbg. Kop. 1, 129/30.

2?) Ebenda.

3) Brief des kaiſerlichen Miniſters in Regensburg an ſeinen Hof in Wien, 22. III. 1798 [2. germinal], mitgeteilt von Bacher, Strbg. Kop. 1, 131.