Theobald Bacher : ein elsässischer Diplomat im Dienste Frankreichs (1748-1813)

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der Eidgenoſſenſchaft wußte, wie wenig die Koalition auf ihre Parteigänger in den neuen Republiken zählen durfte. So bat er den in der Schweiz fommandierenden General Schauenburg, mit dem er noh von ſeiner Baſler Zeit in regem Briefwechſel ſtand, daß er von dem Directoire exécutif der République Helvétique die Aufſtellung einer eigenen Armee zur Landesverteidigung verlangen möge. Schauenburg entſprach feiner Mahnung und ließ alle jungen Leute von 20 bis 25 Fahren unter die Fahnen rufen. !)

Inzwiſchen zog ſich das Neb feindlicher Verbindungen um Regensburg immer mehr zu. Jn dieſem Augenblie erregte Bacher den Zorn der Öſterreicher durch einen Vorfall beſonders heftig. Er lieferte nämlih den franzöſiſchen Geſandten in Raſtatt die Abſchrift zweier Reſkripte! des Mainzer Kurfürſten aus, deren erſtes dem Mainzer Bevollmächtigten befahl, gegen den Einmarſch der Ruſſen in das Reich zu ſtimmen, und deren zweites ſich damit begnügte, eine Erklärung zu verlangen, daß die Ruſſen nur auf dem Durchmarſch nach Ftalien das Reich durchzögen. Bacher waren dieſe Schriſt= ſtücke mit der Korreſpondenz des Kaiſerlichen Geſandten, des Barons v. Hügel, in die Hand gekommen. Zu Regensburg verſicherte Steigenteſch unterdeſſen dem Baron, daß er keinen Menſchen außer ihn Einſicht in die JFnſtruktion habe nehmen laſſen. Die franzöſiſchen Geſandten in Raſtatt aber hatten nichts Eiligeres zu tun, als Albini, dem Vertreter des Kurfürſten auf dem Kongreſſe, die Reſtripte vorzulegen und ihn mit Vorwürfen zu überſchütten. Der Vorfall diente dazu, Bacher zu verraten. Die Öſterreicher wurden ſtubig, rieten auf Bacher und gingen ſeinen Verbindungen nah. „On voit par là“, bemerkte der Kaiſerliche Miniſter am Schluß ſeines Berichtes, „que le Gouvernement républicain ne s’occupe pas moins que ne le faisoit le Ministère de l’ancien régime, des moyens de pénétrer dans les secrets des chancelleries.“?) Auch dieſer Bericht ward Bacher zugetragen.

Zur jelben Zeit lagen er und die öſterreichiſchen Diplomaten zu Regensburg im heftigſten Kampfe mit einander. Es handelte ſi<h um jene Angelegenheit, von der die Mainziſchen Schriftſtücke handelten, um die Zuſtimmung des Reichstags zum Einmarſch der Ruſſen in das Reich. Die | Ruſſen drohten die Weigerung als Kriegserklärung aufzufaſſen. Es war eine Frage von europäiſcher Bedeutung. Zum erſtenmal trat Bacher aus ſeiner Stellung als Privatmann offen in den Vordergrund, um ſich mit den Öſterreichern zu meſſen. Sie fürchteten ihn. Der beſte Beweis dafür iſt ein Brief, den Thugut an Cobenzl ſchon am 10. Fanuar 1799 richtete: „Il serait infinement à souhaiter, que la cour impériale de Pétersbourg

) Bacher an Talleyrand 16 þram. VII. Strbg. Kop. I. S. 446.

?) Bacher an Talleyrand 3 pluv. VIl Auszug des Briefes des faiſerlichen Miniſters na<h Wien. Stxrbg. Kop. 1 S. 526.