Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
Roman von Georg Hartwig. 29
menden Wangen. „Die Morgenſonne meines Lebens fiel ſtrahlend auf ſein —*
„Und was hat er gethan, dieſe Strahlen unter dem Brennpunkt ſeinex Liebe zu ſammeln ?“ fragte ex finſter.
„Nichis! Und doch gab es eine Zeit, wo ſelbſt meine Scheu vor ihm mix zur Seligkeit ward, wo ich das laz delnde Wort von ſeinen Lippen den Schwüren aller Männer vorzog, wo ih — genug, genug,“ unterbrach fie ſich heftig “auflachend, „Dreyſing könnte dieſen Zuſtand mit Recht als eine Gehirnkrankheit belächeln. Genefen fühle ih
mich von “meiner Thorheit — tauſend bittere Ent= täuſchungen gaben mir das Bewußtſein zurü>. Zu ſpät, zu ſpät“
Freiberg ergriff ihre Hände und drückte ſie an ſein Herz. „Warum zu ſpät? Muß ih es Fhnen ſagen —“
„Man kommt! FJebt nichts mehr!“ rief ſie tödtlich exſchro>ten. „Jh höre Stimmen !“
„Jrma“ — jede Fiber in ihm pochte ungeſtüm „wann wollen Sie mich hören?“
Halb bewußtlos neigle ſie das ſ<höne Haupt.
Dex Graf verließ {nell den Saal, ſeine Gäſte zu empfangen, und gab der jungen Frau ſomit Gelegenheit, fich zu faſfen.
Jn ununterbrochener Folge fuhren nunmehr ſämmtliche Sthlitten vox das Herrenhaus. Neugierig über alle Maßen ſtrömte die Elite Sittlingens durch die weit geöffnete Halle in das Junere des Schloſſes.
Jrma hatte ſi< auf einen Divan niedergelaſſen, als der Graf ſie plöblih in den Kreis ſeiner Gäſte führte