Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
30 Der LTalisman des Weibes.
und ſie bat, mit ihm vereint die Honneuxs des Feſtes machen zu wollen.
Auf dieſe Ehre hatte die Bürgermeiſterin ſelbſtver= ſtändlich gere<net und fonnte ein unheilverktiündendes Lächeln und Hüſteln nicht unterdrü>en. Dreyſing ſchüttelte gleichfalls mißbilligend das Haupt, als des Grafen Blick ihn traf, und nahm ſi<h vor, in Jrma's Intereſſe dieſe abſichtliche Kränkung ſo gut wie möglich bei den beleidigten Damen auszugleichen.
Dex Amtsrichter, welchem die Art und Weiſe der gräflichen Huldigungen weit über das Maß des Erlaubten hinauszugehen ſchien, obwohl er Jrma nur der Gefallſucht anfſlagte, beobachtete mit äußerſtem Unwillen die unzwei= deutigen Spötteleien ſeiner Umgebung.
Margarethe zitterte für ihn. Jedes Lächeln, jeder Flüſterton ſchnitt ihr um ſeinetwillen tief in die Seele. Wo gab es ein Mittel, das heranſchreitende Verhängniß aufzuhalten? „Tante Käthe,“ murmelte fie. Warum fonnte dieſe niht anweſend ſein, die pflichtvergeſſene Nichte vom Arm des Verflihrers loszureißen? Wie die Beiden dahinflogen, von den Klängen der Muſik getragen, ſtrah= lend, ſchön, nux füx ſich athmend und empfindend.
Die allgemeine Beobachtung wandte ſi<h mehr und mehr mit ſhadenfroher Neugier dem Ehegatten zu; man wollte wiſſen, mit welchen Augen er ſeine Zurüſehung betrachte. Das wax der Moment, wo Dreyſing endlich zu Freiberg gelangen konnte, ohne ihn auffälliger Weiſe aus ſeinem Geſpräch mit Jrma zu reißen.
„Verehrter Herr Graf,“ begann er, ſein Punſchglas