Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 2.
Praia
Roman von Georg Hartwig. SL
Dreyſing ſah ihm lange kopfſchüttelnd nah. „Schade unt den prächtigen Kexn in dieſer zuweilen re<t ungenießbaren Hülle! Jh fürchte, dieſer Wetterſchlag wird ihn nah und nah kfnorrig werden laſſen, bis er wie eine Ciche Schatten vollauf ſpendet, aber nur bittere Cicheln als Koſt gewährt. Arme feine Frau! Du wollteſt ſüße Früchte vom Lebensbaum pflücken! FJeht ſuchſt Du ſie noh in verbotenen Paradieſen, wehe Dix, wenn Du ſie einſt nur no< im Schlamm finden wirſt! Nein, nein, es wäre zu jammervoll, das auszu= denken! — Habe i< nun niht Recht,“ fuhr ev verdrießlih auf, „wenn ih den Schwerpunkt unſeres Daſeins in die ungeſtörte Schmexzloſigkeit des Gemüths verlege? Wozu hänge ih alter Thor meine Sympathien an zwei ſo auf= reizende Menſchenkinder? Sie werden ohne mich ebeufo gut ihr Heil finden oder zu Grunde gehen. Liebe, Freund= ſchaft, Dankbarkeit — ſind ja alles Seifenblaſen !“
Dex Amtsrichter, nah Hauſe zurü>gekehrt, hatte ſich in ſeinem Arbeitszimmer eingeſchloſſen, um die leßten Anorduungen zu treffen und ſein Teſtament aufzuſeßen. Fn dieſem vermachte er Margarethe Werner den größlen Theil ſeines Vermögens, um, wie es an der betreffenden Stelle hieß, ihr die Möglichkeit zu geben, einen Gatten nach freier Wahl mit ihrer Hand zu beglü>en. Sodann unterwarf er ſeinen Waffenkaſten einer eingehenden Reviſion und bez auftragte ſ{hließli<h das Hausmädchen , ihm einen Wagen um die zweite Nachmittagsſtunde zu beſtellen.
Pünktli<h wie immer fand ex ſi<h zur Mahlzeit im Speiſezimmer ein.
Margarethe ſtand am Fenſter. Sie hatte beabſichtigt,