Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 3.
Roman von Georg Hartwig. 33
das rothe Tuch herüber, mich fröſtelt ,“ fügte ſie, leicht erſchauernd, Hinzu.
Als ex neben ihr ſtand, umfaßte ſie liebevoll ſeine Rechte. „Mein theuxer Freund, wie glücli<h bin ih heute!“ Ahnte ſie den Wonneſchauer, welcher das hochgeſpannte Nervenſyſtem des jungen Mannes durchzu>te, als ex ivieder an ihrer Seite ſtand? Nein, Jrmengard's Seele hatte bei mannigfacher Erfahrung feuſche Reinheit ſich bewahrt, jene elaſtiſche Reinheit, welche jeden Eindru> ausgleicht, ohne eine Spur zu hinterlaſſen. Deshalb blickte ſie auch jeht \ſreudig zu ihm auf.
„Darf ih den Schluß nicht zu Deinen Gien verz nehmen?“ bat ex mit heißem Flüſtern.
„D, Sie Thor, wenn Jhnen dieſes Kiſſen bequeme dünkt als jener Divan, mix kann's re<t ſein |“
Sie lehnte ſich abermals in den Seſſel zurück, während er ihre beiden Hände feſt umſpannt hielt.
„Heimgekehrt in mein fleines Zimmex, glaubte ich, das Herz müſſe mir brechen vor Angſt und Jammer in dieſer entſeßlichen , engbegrenzten Einöde, die mix gegen meine ehemaligen glänzenden Räume wie ein kahles, dü= ſteres Gefängniß erſchien. Der Mond leuchtete ſchon in vollem Glanze, ganz ſo wie an jenem Abend, als Sie mix hre hübſche italieniſ<he Romanze erzählten, dur die Scheiben, da entde>te ih pldhlih in der Ee ein altes wurmſtichiges JFnſtrument, dem man in dieſem Zimmer augenſcheinli<h das Gnadenbrod gönnte. Es ſehen und wie erlöst darauf zuſtürzen, war dex Jmpuls eines Momentes.
Bibliothek. - Jahrg. 1886. Bd. II1, 9