Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

- E TGS Unter einem Dache. einzigen Gedanken, daß Eberhard ſie no< liebe. Was lag nach dieſer Gewißheit an einer Trennung, an einem Auf= ſchub: wenn nux ſein Herz ihr gehörte, dann konnte tein Ocean und keine Zeit fie trennen, dann mußte die Stunde kommen, da ſie wieder in ſeinen Armen lag.

Sie küßte Bertha's Brief, ſie lief an's Fenſter, um nah ihr auszuſpähen, ſie exſti>te faſt an all’ dem Jubel, der nah dem ertödtenden Schmerz der leßten Tage ſo plößlich über ſie hereingebrochen war; ſie wollte eine Seele um ſt< haben, der ſie's zurufen konnte, daß ſie nun leben wolle, gerne leben !

Erſt nah einer Weile gewann ſie die nöthige Ruhe, um ſich Bertha’s Handlungstveiſe klar zu machen, und nun verfinſterien ſich freili<h ihre Augen und mit heftiger Un= geduld dachte ſie, daß all’ das Leid der leßten Tage nur dur die Freundin verſchuldet worden, daß jeßt, in dieſem Augenbli>e Eberhard an- ihrer Seite ſein könnte, Hand in Hand, Aug” in Auge, Lipp? an Lippe. Warum hatte ev niht ein Wort, ein einzig Wörtlein zu ihr ſelbſt geſagt ? Warum ſi<h an die Dritte gewendet, die kein Herz hatte für Liebe, kein Verſtändniß für Frauenempfindungen ? Aber Bertha's flehende, zerknirſchte Miene trat ihr wieder vor die Seele; ſie brachte es nicht fertig, dem armen Mädchen zu zürnen. Nein, bemitleiden konnte ſie nur die Freundin, die das tiefe Sehnen nie gekannt, das ihr nun wieder in ſüßer Gluth dur alle Sinne zog.

Sie las wiederholt den SYhlußſaß in Bertha’3 Brief: „F< bringe Dix den Gatten zurli>, Emilie, den ih in blindem Wahn von Dix geriſſen habe, und wenn ih die