Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 6.

Novelle von E. Mert. ITT

in ſolch? ſeliger Verwirrung, als wolle er einen Traum feſthalten, der thm zu entſchwinden drohte. Er ſtand dem Glü dieſes Wiederſindens faſſungslos gegenüber, als das junge Weib voll Vertrauen, voll Hingebung in ſeinen Armen lag, als wären zehn Jahre der Trennung für ſie in flüchtige Stunden zuſammengeſunken.

„Biſt Du's wirklich, Emilie?“ ſtammelte ex endlich. „ſt es Deine weiche Hand, die i<h drüde ſind's Deine ſüßen Lippen, die mir in dem einſamen Hauſe in der Berg= wildniß fo lo>end und doh ſo fern vor den Augen ſ{<webten? Noch begreife ich ja nicht, daß wix ſelber dieſe Glü>= lichen ſind, die ſi<h endlich, endlich umſchlungen halten. Nach dieſer furchtbaren Reiſe mit der beklemmenden Angſt auf der Seele, na<h dem Grauen, mit welchem ih no< eben jeht dies Gemach betrat, das wonnige Entzüen, ein liebende Weib an die Bruſt zu drücken, ein lange ver= = ſorenes Weib — es iſt zu viel für mein armes Menſchett= herz, und wenn i<h das Schwerſte, Bitterſte tragen fonnte, ohne zu zu>en, dies unverhoffte Glü> macht mi< zittern. O, fag’ es no einmal, das ſüße Wort : „geliebter Mann', damit i< an dieſe holde, unfaßliche Wahrheit glauben [ernte !“

„Hundert-, tauſendmal will ih Dir!'s wiederholen, an jedem Lag und in jeder Stunde, nur ſag’, von welchem Grauen, von welcher Angſt Du ſprichſt.“

„Wenn Du nicht weißt, Emilie, welche Schre>ens= botſchaft mich hergeführt, ſtehe ih vor einem Räthſel. Schon war mein Gepä> auf das Schiff gebracht, das mi<h für immer der alten Welt entführen ſollte, Jh hatte

Bibliothek. Jahrg. 1886, Bd. VL, 12