Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Gorilla: Hugo von Koppenfels' Erfahrungen. 67

zu verwedhſeln. Abgeſehen von der weit überragenden Größe, der robuſteren Geſtalt hat er eine im Alter zunehmende graue Haarfärbung. Seine Geſichtsfarbe iſt jedo<h von der Jugend bis zum Alter ſchwarz; bei den Schimpanſen verändert ſie ſih mit den Spielarten und dem Alter. Die geſamte Muskulatur des überaus maſſigen Körpers des Gorillas iſt, bis auf die allen Affen fehlenden Waden, zur Unförmlichkeit ausgebildet, und ſofern ih mir eine ſolche Kraftvergleihung erlauben darf, würde ih, ſeine zwar unbeholfen erſcheinende, in der That aber große Gewandtheit mit in Anſchlag bringend, auf ihn gegen einen ſtarken Bären wetten. Die Eingeborenen benennen ihn verſchieden. Die Mpongwe, Orunku, Kama, Galloa: „Ndſchina‘; die Mpangwe (Fan oder Pan, wie ſie ſi ſelbſt nennen) geben ihm den Namen „Nguyala“.“

Seinen erſten Gorilla erlegte H. von Koppenfels am Weihnachtsfeſte 1874. Ex hatte ſi< unfern von einem Jbabaume angeſtellt, deſſen Früchte die Gorillas ſchr lieben, und wo er von ihnen friſ<h angebiſſene gefunden hatte. „Eine Stunde wohl mochte ih vergeblich gewartet haben. Die Schatten der hereinbrehenden Nacht wurden bemerkbar; die Moskiten fingen an, mi empfindlih zu peinigen, und ih wollte bereits den Plaß verlaſſen, als cin leichtes Brechen in der Gegend des Jbabaumes vernehmbar wurde. Hinter meinem Stamme hervorlugend, gewahrte ih dort eine Gorillafamilie ſorglos mit den Früchten beſchäftigt. Sie beſtand aus den beiden Eltern und zwei im Alter verſchiedenen Jungen; das menſ<hliche Alter zum Maßſtabe genommen, konnte das ältere 6 Fahre, das jüngere 1 Fahr alt ſein. Es war rührend anzuſehen, mit welcher Liebe das Weibchen um das Jüngſte beſorgt war. Der Vater hingegen kümmerte ſih um nichts als um Stillung des eigenen Hungers. Die beſſeren Früchte mochten wohl aufgezehrt ſein, als das Gorillaweibhen mit außerordentlicher Behendigkeit den Stamm erklomm und die reifen Früchte herunterſchüttelte.

„Der männliche Gorilla begab ſi<h nun kauend zum nahen Waſſer, um zu trinken. Jhn hatte ih keinen Augenbli> aus den Augen gelaſſen. Die Erzählungen Du Chaillus und die märchenhaft übertriebenen der Eingeborenen hatten beim Erſcheinen der Tiere in mir eine große Erregung hervorgerufen. Dieſe verſhwand indes, als der Gorilla nahe anm Rande des Waſſers mit einem Male Unruhe zu erkennen gab und in gedu>ter Stellung na< dem Baume ſicherte, der mi<h verbarg. Zu ſpät jedo<h witterte er den nahen Feind, denn ih verfolgte bereits jede ſeiner Bewegungen mit der Büchſe im Anſchlage. Wenige Augenbli>e genügten, das mi<h unbewegli<h anäugende Wild aufs Korn zu nehmen. Der Schuß krachte. Noch bevor der Pulverrauch ſich verzog, hatte ih eine neue Patrone in den Lauf geführt, ſo den Angriff des Tieres erwartend. Mein ſchwarzer Begleiter ſtand zitternd hinter mix, ein zweites Gewehr in der Hand. Es erfolgte jedoch kein Angriff. Der männliche Gorilla war tödlih getroffen auf das Geſicht geſtürzt. Die Fungen flüchteten, einmal furz aufſchreiend, in das Dickicht; die Mutter ſprang aus beträchtlicher Höhe vom Baume zur Erde und eilte ihnen nah. Sie zu ſchießen, vergaß i< in der Aufregung. So hatte mir das Jagdglü> zur Zeit, in welher man bei uns die Weihnachtsbäume anzündete, ein prächtiges Chriſtgeſhenk zu teil werden laſſen.“

Nicht lange darauf {hoß Koppenfels bei einer zufälligen Begegnung den ſtärkſten Gorilla, den ex überhaupt erlegt hat. Er war, von ſeinen Trägern gefolgt, im Walde einen ſ<malen Wildwechſel entlang gegangen. „Plößlih ertönte hinter mir ein Schrei des mir zunächſt gehenden Galloa, und unter dem Zurufe: „Gib acht, Herr, ein großer Gorilla!“ warfen die feigen Burſchen ihre Laſt fort und liefen davon. Jh war durch den Ruf beſtürzt und gewahrte erſt, als ſeitwärts ein dumpfes Grollen hörbar wurde, eine dunkle Maſſe taum 15 Schritt von mir ſi rieſenhaft aufrihten. Es war der größte Gorilla, den ich je geſehen, und der erſte, welcher ſtandhielt. Hätte er meine Beſtürzung benußt, i<h wäre

verloren geweſen. Auf eine Probe, wie lange dieſes gegenſeitige Anſchauen wohl dauern 5=