Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund Brehm. NXY

einſt mit knapper Not dem Rachen eines Krokodils entgangen war, als er einen in den Fluß gefallenen Seeadler wieder herausholen wollte, und ſeitdem den Krokodilen ewige Feindſchaft geſhworen hatte, angeſichts der Tauſende von Krokodilen, die einbalſamiert in dieſen engen Gängen aufgeſtapelt liegen, zu der Anſicht gelangte, daß dieſe Scharen jedenfalls keines natürlihen Todes verblichen, ſondern vielmehr in der Notwehr erſ<lagen und zur Sühne für den an ihnen geübten Totſchlag einbalſamiert worden ſeien. Am 28. Oktober famen ſie in Kairo an, froh und glü>li<, nun allen Gefahren dex Wüſte und des Klimas entronnen zu ſein und ihre eroberten Schäße in Sicherheit gebraht zu haben. Der Reſt des Jahres wurde mit einigen von dort aus unternommenen Jagdausflügen verbraht, und dann begleitete Brehm am 29. Fanuar den Baron, der ſih mit dem nächſten Lloyddampfer nah Curopa zurü>begab, nah Alexandrien, wo ſie ſih trennten. Sie hatten verabredet, daß Brehm in Ägypten zurübleiben ſolle, um auf Wunſch und Rechnung des Barons eine zweite, beſſer ausgerüſtete Reiſe ins Fnnere Afrikas zu unternehmen und dort für dieſen zu ſammeln.

„Es that mir weh“, ſchreibt Brehm, „mich von dem Baron trennen zu müſſen. Jh hatte mit ihm Deutſchland verlaſſen und Nordoſtafrika bis zu den Negerländern bereiſt, Freud! und Leid zwei Fahre lang mit ihm geteilt; wir hatten zuſammen viel Shönes erlebt, viel Schweres ertragen, in einem Zelte gelebt, unter einer Dede geſchlafen und mit einem Becher aus den Brunnen der Wüſte Waſſer geſchöpft. Obgleih er manchmal ungere<ht gegen mich geweſen war, hatten wir doch im ganzen wie Brüder zuſammen gelebt. Febt trennten ſi unſere Wege: er eilte der lieben, teuren Heimat zu, ih ſollte mih nah dem fernen Süden wenden .. . ...

Seinen zweiten Aufenthalt in Ägypten, der 20 Monate, bis zum Mai 1850, dauerte, verwendete Brehm niht nur dazu, Natur und Tierwelt des Landes genau zu ſtudieren, ſondern er begann auh den Bewohnern mit ihren Sitten und Gebräuchen, ihrer Lebensweiſe und ihren ſozialen Verhältniſſen eine eingehendere Aufmerkſamkeit zuzuwenden, ſo daß er den geſamten zweiten Band ſeiner ſpäter veröffentlihten Reiſebeſ<hreibung dem Lande Ägypten und ſeinem Volke widmen konnte. Um in dieſes fremdartige Leben genauer einzudringen und ſich zugleich für ſeine weiteren Reiſen zweentſprechend vorzubereiten, nahm er einen arabiſhen Spratlehrer, mit dem er Stadt und Land durhwanderte, die Berührung aller Geſellſchaftsklaſſen ſuchte, in den Kaffeehäuſern den Deklamationen des Meddah (d. h. des Märchenerzählers und Jmproviſators) lauſchte, orientaliſche Tracht anlegte, teil an den Feſtaufzügen der Gläubigen nahm und ſich ſo verhielt, daß viele in ihm bereits einen Abtxünnigen ſahen. Dieſes gründlichere Einleben in die von den unſerigen ſo verſchiedenen Lebensverhältniſſe gab niht nur ſeinen ſpäteren Schilderungen einen erhöhten Reis, ſondern ebnete ihm auh auf ſeinen weiteren Reiſen in den mohammedaniſchen Ländern die Wege, erwarb ihm das Vertrauen der Anhänger des Propheten und eröffnete ihm Blicke in Verhältniſſe, die dem flüchtigen Reiſenden meiſt gänzlich unbekannt und unverſtändlich bleiben. So konnte ex unbehindert den Feſtlichkeiten der Nileröffnung, des Bairam 2c. bei: wohnen und nahm ſchließlich ſogar den arabiſchen Namen und Titel Chalihl-Efendi an. Wenn er einem Araber ſeinen wirklihen Namen nannte, ſo ſagten ſie: „Brehm? was iſt