Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Alfred Edmund Brehm. NANNY

Handbüchern der Zoologie eine Darſtellung des Lebens der Tiere für Haus und Familie zu werden, ein Werk, aus dem jeder Tierfreund, mochte er nun ein unſtudierter Landwirt oder Jagdliebhaber oder ein Gelehrter ſein, dasjenige über feine Lieblinge finden ſollte, was in den eigentlichen zoologiſchen Handbüchern niht anzutreffen iſt und doh das allgemeine Fntereſſe des Tierfreundes zunächſt in Anſpruch nimmt: die Lebensweiſe, Ernährungsart, Das geſellſchaftlihe Leben der Tiere, ihre Gemütsart und geiſtigen Fähigkeiten, ihr Benehmen in den verſchiedenen Lebenslagen, ihre Kunſtfertigkeiten, Jnſtinkte und Triebe, ihre Werbungen und Paarungen, ihr Familienleben, die Wanderungen, Freundſchaften und Feindſchaften untereinander und dem Menſchen gegenüber. Jm Vereine mit Profeſſor Ernſt Taſchenberg in Halle, der die Jnſekten und Spinnentiere, ſowie mit Profeſſor Dskar Schmidt (geſtorben 1886), damals in Graz, ſpäter in Straßburg, welcher die wirbelloſen Waſſertiere übernahm, unterſtüzt von den trefflichen Tiermalern Robext Kretſchmer und Emil Schmidt in Leipzig, von denen erſterer ſchon in den Bogosländern mit Brehm zuſammen gearbeitet hatte, wurde ein Werk geſchaffen, deſſen Erfolge weltbekannt ſind. Die Vollendung der erſten Ausgabe (in ſechs ſtarken Bänden) zog ſih bis zum Fahre 1869 hin.

Schon während des Erſcheinens vom erſten Bande des „Tierlebens“ war aus Hamburg der verlo>ende Ruf an Brehm gelangt, die durch den Tod des Barons von Merk erledigte Stelle eines Direktors des dortigen zoologiſhen Gartens zu übernehmen. Da der Plan vorlag, den Garten völlig umzuſchaffen, und auh die Mittel dazu vorhanden waren, dieſen zu einer der erſten Anſtalten dieſer Art in Deutſchland zu erheben, ſo mußte der Antrag für ihn doppelt verführeriſch erſcheinen, zumal in anbetracht der Ausſicht, daß er dadur Gelegenheit erhalten ſollte, gefangene Tiere in noch viel größerem Umfange und mit größerer Bequemlichkeit als bisher zu beobachten und dieſe Studien für ſein begonnenes Werk auszunüßen. Jn der That iſt es ihm auch gelungen, den Garten und das damit in Verbindung gebrachte Aquarium {nell zu einem bis dahin no< niht vorhandenen Glanze zu bringen. Allein das Amt hatte ſeine ſhweren Schattenſeiten in der Abhängigkeit von den Meinungen einer vielköpfigen „Zoologiſchen Geſellſchaft“, deren Wünſche oft ſeine beſten Abſichten durWhkreuzten, ſeine Thätigkeit lähmten und bald ganz verleideten. Brehms Charaëter hatte ſi< während der fünfjährigen afrikaniſchen Reiſe zu einer ſtarëen Subjektivität und zu einem lebendigen Unabhängigkeitsgefühl entwi>elt. Als Führer einer kleinen Karawane, der gegenüber Entſchloſſenheit und Entſchiedenheit notwendige Bedingungen 19aren, niemand als ſi ſelbſt verantwortli<h und dem Beſterkannten rüſihtslos folgend, war er niht der Mann geworden, ſi irgendwie unterzuordnen und fremden Wünſchen, die ihm unzwe>mäßig ſchienen, im geringſten, ſelbſt nux ſcheinbar entgegenzukommen. Sonſt von weicher Gemütsart, wohlwollend gegen jedermann, den Freunden in der Not ein zuverläſſiger Freund, war er unbeugſam, wenn es die Vertretung ſeiner Überzeugung galt, und ganz unmöglih ſchien es ihm, der ſi brüſtenden Mittelmäßigkeit oder unfähigen, aber einflußreichen Leuten eine Shmeichelei zu ſagen. Er hätte einen vortrefflichen Selbſtherrſcher abgegeben, aber für den gewöhnlichen, auf ein wenig Heuchelei und Schmiegſamkeit beruhenden geſellſchaftlihen Verkehr war er niht geſchaffen, und mochte die kleine Frau, der er ſonſt niht leiht etwas abſchlagen konnte, noh ſo ſehr bitten, dem oder jenem

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