Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

2 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit,

und Lurche umfaſſend, die Waltiere und Fiſche. Dieſen fünf Gruppen „blutführender“ Tiere, in denen wir unſchwer die Wirbeltiere der gegenwärtigen Tierkunde erkennen, reiht er die übrigen vier Gruppen als blutloſe“ an, ohne indeſſen ſolchergeſtalt zwei große Hauptgruppen aufzuſtellen, was erſt um den Beginn dieſes Jahrhunderts dur die von Lamar> getroffene Gegenüberſtellung der „Wirbeltiere“ und „Wirbelloſen“ geſchah. Die blutloſen Gruppen des Ariſtoteles entſprechen allerdings genau den letzteren. Es ſind: die Weichtiere, zu denen er freilich nur die Kraken zählte, die Weichſchaltiere, mit unſeren Kruſtern zuſammenfallend, die Kerftiere, zu denen auch die Spinnen, Tauſendfüßer und Würmer geſtellt wurden, und endlich die fußloſen Schaltiere, nämlich die Schne>en, Muſcheln und Seeigel.

Erſt im vorigen Fahrhundert wurde die dur<h den großen Stagiriten in Angriff genommene überſichtlihe Gruppierung der tieriſhen Formen um ein Bedeutendes gefördert, als Karl von Linné neben folgerihtiger Durhführung einer knappen und beſtimmten wiſſenſchaftlihen Kunſtſprache zum erſten Male das ganze Tierreich auf Gruppenſtufen höherer und niederer Wertigkeit verteilte, insbeſondere aber für die wichtigſte dieſer Gruppenſtufen, die Tierart, die zuerſt im 17. Fahrhundert bei John Ray als beſtimmter Begriff auftritt, die doppelte Namengebung einführte. Die Tierarten vereinigte Linné zu Gattungen; ſo bilden der Löwe (Pelis leo) und der Tiger (Felis tigris) zwei verſchiedene Arten der Gattung der Katen (Pelis). Aus den Gattungen ſegen ſi< die Familien und aus dieſen die Ordnungen zuſammen; endlich vereinigen ſih die Ordnungen zu Klaſſen. Von leßteren unterſchied Linné ſe<s: Säugetiere, Vögel, Amphibien, Fiſche, Jnſekten und Würmer. '

Mit George Cuvier, welcher, geſtüßt auf ſeine außerordentlihen Kenntniſſe vom inneren Leibesbau der Tiere, das Tierreih nah den Beſonderheiten des Nervenſyſtems und den Lagerungsbeziehungen der Hauptorgane in vier dur ebenſo viele Baupläne“ ausgezeihnete Kreiſe teilte, gelangen wir allmähli<h zu den heutigen Hauptabteilungen. Cuvier unterſchied Wirbel- und Weich-, Glieder- und Strahltiere. Durch berihtigende und verbeſſernde Trennungen und Zuſammenfaſſungen der dieſen vier Kreiſen Cuviers untergeordneten Gruppen gelangten ſeine Nachfolger zur Auſſtellung einer größeren Anzahl oberſter Gruppenſtufen des Tierreiches, welche man, neueren Anſchauungen entſprechend, mit Vorliebe Tierſtämme nennt. Wir werden deren neun unterſcheiden: die Wirbel-, Mantel- und Weichtiere, die Weichtierähnlichen, die Gliederfüßer, Würmer, Stachelhäuter, Hohl- und Urtiere. Will man dieſe neun Kreiſe in zwei große Hauptabteilungen ſondern, jo empſiehlt ſih mehr als die Unterſcheidung von Wirbeltieren und Wirbelloſen diejenige von Darm- und Urtieren. Jene beſißen einen allerdings hier und da vertümmerten Darm und mehrere durch die Verſchiedenartigkeit des feineren Gefüges getennzeihnete Körperſchichten; dieſen fehlt mit dem Darme der Aufbau aus geſonderten Schichten; ſie beſißen nur den Formenmwert einer einzigen „Zelle“ oder höchſtens einer kleinen Gemeinde gleichartiger Zellen.

Es iſt unexrläßli<, daß wir, wenn au< nur flüchtig, einen Bli> auf die Geſamtheit der Wirbeltierklaſſen werſen, von denen uns diejenige, der wir ſelbſt angehören, demnächſt zuerſt beſchäftigen ſoll. Alle Wirbeltiere kennzeichnet vor allem ein inneres, knorpeliges oder inöchernes Achſenſkelett, an deſſen Rü>enſeite die Hauptmaſſe des Nervenſyſtems liegt, während die Wertzeuge der Verdauung und Atmung, das Herz und die Harn- und Geſchlechtsorgane an der Bauchſeite des Achſenſkeletts liegen. Jn der Richtung dieſes Achſenſkeletts weiſt der Wirbeltierkörper eine Gliederung in eine Reihe von Folgeſtü>en auf, an welcher die meiſten Organe mehr oder weniger deutlich teilnehmen, und alle Organe zeigen im