Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Wirbel- und Säugetiere. Knochengerüſt. I

großen und ganzen eine Anordnung, welcher zufolge der geſamte Körper in zwei einander ſpiegelbildlih gleiche Hälften zerfällt, deren Ebenmaß indeſſen häufigen Störungen unterworfen iſt. Bei keinem Wirbeltiere überſchreitet die Anzahl der paarig angeordneten Gliedmaßen vier, ohne daß dieſe Anzahl indeſſen bei allen Wixbeltieren erreicht oder beibehalten wäre. Das in einem vollſtändig geſchloſſenen Gefäßneße kreiſende Blut der Wirbeltiere iſt mit Ausnahme des farbloſen Blutes des Lanzettfiſchchens von roter Farbe, gebunden an die in der Blutflüſſigkeit ſhwebenden Blutkörperhen. Die Atmungsorgane der Wirbeltiere, mögen ſie aus Kiemen oder Lungen beſtehen, ſind ſtets mit dem vorderen Abſchnitte des Darmes verbunden.

Innerhalb des Kreiſes der Wirbeltiere werden wir, den herrſhenden Anſchauungen entſprehend, nur fünf Klaſſen unterſcheiden: die Säugetiere, Vögel, Kricchtiere, Lurche und Fiſche.

Die Säugetiere ſchienen früher die am ſchärfſten und beſtimmteſten nah außen hin abgegrenzte Wirbeltierklaſſe zu bilden. Heute läßt ſih ſolches kaum von ihnen ausſagen. Als wichtigſtes und allen anderen Tieren fehlendes Merkmal der Säugetiere konnte, ihrem Namen entſprechend, bis vor kurzem der Beſiß von Milchdrüſen zur erſten Ernährung der Zungen aufgefaßt werden. Allein nah Gegenbaur ſcheiden die Säugedrüſen der Schnabeloder Kloakentiere keine wirklihe Milch, verflüſſigten Hauttalg, ſondern eine ſhweißartige Ernährungsflüſſigkeit ab, denn eine ſorgfältige Unterſuhung hat ergeben, daß dieſe Drüſen umgewandelte Shweiß-, nicht aber, wie bei den übrigen Säugern, urſprünglich Talgdrüſen ſind. Zudem iſt der Beſiz von wirklichen Haaren, welche bei keinem anderen Wirbeltiere vorkommen und deshalb zur Kennzeichnung der Säuger dienen könnten, niht allen Säugetieren eigen. Bei allen Walfiſhen iſ nur no< die Oberlippe, und dieſe oft nur beim ungeborenen Jungen, mit vereinzelten Haaren beſet. Das warme Blut, das indeſſen bei dem zu den Kloakentieren gehörigen Ameiſenigel beträchtli<h weniger warm iſt als bei anderen Säugern, teilen dieſe lezteren mit den Vögeln; niht minder auch den Beſitz der Lungen als ausſcließliher Atmungsorgane. Ein doppelter Gelenkhöder am Hinterhaupte fommt außer den Säugern auch den Lurchen zu. Auch die Eigenſchaft des Lebendiggeborenwerdens findet ſi nicht bei allen Säugetieren, denn die Kloakentiere legen Eier mit feſter, pergamentartiger Schale, und beim Ameiſenigel werden dieſe Eier längere Zeit hindurch regelre<t in einem Hautbeutel bebrütet. Dagegen beſißen die Säugetiere in dem vollkommenen, die Bruſt- von der Bauchhöhle trennenden Zwerchfelle eine beſondere Auszeichnung.

Der Schädel iſt bei den Säugetieren von der Wirbelſäule getrennt und beſteht überall aus den nämlichen, im weſentlichen gleichartig verbundenen Knochenſtü>en; ſein Oberkiefer iſt ſtets mit ihm verwachſen, und die in ihm und dem Unterkiefer ſtehenden Zähne haben, ſo verſchiedenartig ſie gebaut oder geſtellt ſein mögen, doh das Eine gemein, daß ſie immer in Zahnhöhlen oder Alveolen eingekeilt ſind. Meiſtens ſieben Wirbel bilden den Hals, mag er nun kurz oder lang ſein, den Hals der Giraffe ebenſowohl wie den des Maulwurfes. Schon den Vögeln gegenüber zeigt ſih der Hals der Säugetiere ſomit als durhaus einhellig gebaut: denn dort nimmt mit der Länge des Halſes auch die Zahl der Wirbel beträhtlih zu. Der Bruſtteil der Wirbelſäule wird von 10—24, der Lendenteil von 2—9, die Kreuzbeingegend von 1—9 und der Schwanz von 4—46 Wirbeln gebildet. Rippen oder Rippenſtummel kommen zwar an verſchiedenen Wirbeln vor; doh verſteht man gewöhnlih unter den Rippen bloß die an den Bruſtwirbeln ſißenden, platten und gebogenen Knochen, welche ſi< mit dem Bruſtbeine entweder feſt oder dur Knorpelmaſſe verbinden und die Bruſthöhle einſchließen. Jhre Anzahl ſtimmt regelmäßig mit jener der Bruſtwirbel

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