Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Pardel: Gefangenleben. Unbändigkeit. Abrichtung. A475

Wänden, Stö>en und Säulen empor, ängſtlih me>erten die Ziegen, wie toll rannten die Strauße in ihrem Käfig auf und nieder, grollend bli>te der Löwe auf den raſenden Roland. Dieſer verſuchte auf alle nur mögliche Weiſe freizukommen, und mehrmals wurde es uns angſt und bange bei dieſen Beobachtungsproben. Das allerſchwierigſte war, den Leoparden wieder in ſeinen Käfig zurü>zubringen. Aus freien Stücken ging ex niht hinein, und gezwungen konnte er kaum werden. Drohungen vermochten gar nichts über ihn: wenn wir ihm die Peitſche vorhielten, zeigte er uns dagegen ſeine Pranken; wenn wix ihn anſchrieen, fauchte er; wenn wir auf ihn losgingen, legte er ſich zum Sprunge zurecht. Es galt, ſeinen Troß zu brechen, ohne ihn dabei zu mißhandeln; denn er war niht mein Eigentum, und ih mußte ihn ſchonen. Jh wagte nicht einmal, mich der aus dem Felle des Nilpferdes geſchnittenen Peitſche zu bedienen, welche bei anderen Tieren gewöhnlich vollkommen ausreichte; ih wagte es aus dem Grunde nicht, weil mir die Peitſche niht lang genug erſchien, und ih do das Tier bis zum Käfig treiben mußte. Deshalb nahm ih einen neuen Stallz beſen und befeſtigte dieſen an einer langen dünnen Stange: damit bekam er ſeine Prügel; aber ſie fruchteten nihts, und ih mußte auf andere Mittel denken. Das beſte von allen war, wie ich zufällig entde>te, ihn mit Waſſer zu begießen, und dabei leiſtete mir nun wieder eine große Sprite die vortrefflihſten Dienſte. Sobald er einen Eimer Waſſer über den Kopf bekommen hatte oder dur< den Strahl der Spriße dauernd eingenäßt wurde, ſuchte er ſo ſhleunig als möglich in ſeinen Käfig zu kommen; und ſpäter brate ih ihn ſo weit, daß ih ihm bloß die Sprige und den Beſen zu zeigen brauchte, um ihn augenbli>lih dahin zu vermögen, ſeinen Shlupfwinkel zu ſuchen.

Und doch laſſen Pardel ſi ebenfalls abrichten, faſt ebenſogut wie Löwe oder Tiger, wenn auch in der Regel nicht in derſelben Zeit. Gerade die wildeſten Stücke ſollen oft wenn auh nicht die zahmſten werden, ſo doch die gelehrigſten ſein. Doch iſt das Weſen der Tiere ſehr verſchieden geartet: einzelne lernen in 8—14 Tagen ihre ſogenannten Kunſtſtücke, andere nehmen feine Lehre an, werden deshalb von den Tierbändigern als „Dumme“ bez zeihnet und baldmöglichſt abgeſchafft. Panther, welche von Jugend auf mit verſtändigen Pflegern Umgang hatten, werden ebenſo zahm wie andere große Kaßen, nehmen gern Liebkoſungen von bekannten Perſonen entgegen, ſhnurren dabei behaglih nah Kaßenart und ſhmiegen ſich, den gelenken Leib ſhlangenartig biegend, zärtlih an ihren Gebieter an oder reiben ſih wenigſtens behaglih an den Gittern ihres Käfigs. Ein Panther, welchen ih pflegte, antwortete durch ein abſonderlihes Shnauben auf den Anruf, ſprang mir und anderen Bekannten freudig entgegen, langte mit der Pranke nah mir, in der Abſicht, mich an ſi heranzuziehen, ließ ſic ſtreiheln und liebkoſen und le>te mit großer Zartheit die ihm gereihte Hand — ganz wie ein wohlerzogener Hund. Niemals dachte er daran, von ſeinen Krallen Gebrauch zu machen: die gefährlichen Pranken blieben in der Hand ſeines Freundes immer weih und ſamtig. Kreuzberg beſaß einen anderen Panther, welcher ſo artig war, daß man ihm geſtatten durfte, mit der Familie das Zimmer zu teilen und mit den Kindern zu ſpielen. Eines der leßteren, ein vierjähriges Mädchen, ſtand in hoher Gunſt bei dem Tiere und durfte mit ihm verkehren wie mit einem Hunde, beiſpiel8weiſe auf ſeine Bruſt ſich legen und in ſolcher Stellung einſchlafen, ohne irgend welche Tücke befürchten zu müſſen. Volles Vertrauen aber erwirbt ſich der Pardel doch nur in den ſeltenſten Fällen: ſein unbändiges Weſen, ſein Jähzorn und eine ihm kaum abzuſprehende Tücke, welche lar und deutlich in dem Geſichte ausgedrü>t iſt, läßt ſtets einen hinterliſtigen, böſen Streich befürchten.

Darſtellungen des Leoparden finden ſich häufig auf ägyptiſchen Denkmälern. „Das älteſte, mix bekannte Bild“ belehrt mih Dümichen, „gehört dem bei Beſprechung des Löwen bereits erwähnten Grabe des Ptah-Hotep (S. 459) auf dem Pyramidenſfelde an und ſtammt aus dem 83. Jahrtauſend vor unſerer Zeitrehnung. Unter den Darſtellungen und Fnſchriſten