Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Pardel: Geſchichtliches. Fabeleien, 477

Die Fabelei einzelner Schriftſteller des Altertums findet noch bis zu Ge8ners Zeiten unbedingten Glauben. „Zſt ein grauſames, grimmiges, fräſſiges und geſhwindes Thier“, ſchildert unſer alter Freund, „und begierig zu zerreiſſen und Blut zu vergieſſen. — Die Leoparden wohnen gemeiniglih bey den Flüſſen, an ſolhen Orten, ſo mit Bäum oder di>dem Geſträuch beſet ſind: Sie trin>en überauß gern Wein, ſauffen ſi daran voll, und werden bißweilen alſo trun>en gefangen: Sie überfreſſen ſi auch bißweilen, alsdann legen ſie ſich in jhre Hölen ſchlaffen, biß ſie außgedäuet haben: So ſie Gifft gefreſſen, ſo bringen ſie ſich mit Menſchenkoth wiederumb zu reht. — Mit verwunderlicher Liſt ſoll der Leopard die Affen fangen, wie Ælianus ſchreibet, und zwar auff folgende Weiſe: — Wann der Leopard einen Hauffen Affen außgeſpehet hat, ſo legt er ſich nah bey jhnen nider auf den Boden, ſtre>t die Bein von jhm, ſperrt den Rachen und Augen weit auff, und hält den Athem an ſi, gleich als ob er todt wäre, wann dann die Affen ſolches erſehen, haben ſie groſſe Freud drüber, und trauen jhm doch nit gar zu wol, ſondern ſhi>en Anfangs den Kühneſten herab, das Spiel und den Handel ret zu erfahren, welcher mit verzagtem Herben hinzuſchleiht, und bald wieder davon wiſcht: Zulett beſiehet er jhm die Augen, mer>t auff den Athem, ob nicht etwann noh ein Leben vorhanden: Der Leopard aber hält ſih gans ſtill, als wäre er todt. So nun die anderen Affen den erſten unverleßzt umb ſeinen Feind herumb gau>eln ſehen, laſſen ſie die Forcht fahren, lauffen all herzu, freuen ſih, tanßen und ſpringen auff und umb den todten Feind her, als ob ſie ſeiner ſpotteten. Wann dann der Leopard vermeinet, daß ſie müd gnug und gant Sorgloß worden, und das Spiel am beſten iſt, ſo ſpringt er unverſehens auf, ergreift und zerreiſt jhrer einen guten Theil, und braucht die Beſten und Fetteſten zu ſeiner Speiß und Nahrung. — Das Pantherthier ſoll ſelten, und eine blinde Frucht gebähren, gleich wie auch die Kaßen, und dieſelbige mit groſſem Shmerßen, foll eine kleine Frucht ſeyn. Zu Zeiten vermiſcht ſich daſſelbige Panterthier mit dem Wolff, daher wird ein Thier gebohren Thoes genannt, woran die Geſtalt fle>icht, der Kopff aber dem Wolff gleich iſt: Von dieſem wird under dem Wolff ein mehrers gemeldet werden. — Der Löw vergleicht ſich ſehr einem dapfferen, auffrichtigen und redlihem Manne, der Leopard aber, oder das Panterthier einem böſen, argen und tüiſchem Weibe, hat auch zu ſolcher Argliſtigkeit und Schalcheit, die mit Forcht gemiſcht iſt, eine rehte Form, Geſtalt, und zugehörige Gliedmaſſen von der Natur befommen. — Eine wunderliche groſſe Liebe tragen ſie gegen jhre Jungen, von welcher Demetrius Physicus eine ſ<öne Hiſtory beſchreibet, wie nemblih ein Mann einem Leoparden auff der Straß begegnet ſeye, dem der Leopard geliebkoſet, als wann er etwas von ihm begehrte, der Mann ſey Anfangs erſchro>en, doch zu lebt dem Leoparden zu willen worden, welcher jhn zu“ einer Gruben geführt, worein ſeine Jungen gefallen geweſen, welche dann der Mann herauß gezogen, den das Thier mit vielen liebkoſenden Gebärden, als ob es jhm für ſolhen Dienſt dan>ete, wiederumb auff ſeine Straſſe gewieſen. — Einsmals wolt auch ein Leopard nit von einem Zieglein freſſen, weil es mit jhm aufferzogen und geſpeiſt worden. Doch ſchreiben etliche, daß wie zahm er immer gemacht, auch ob er gleih von Jugend auff aufgezogen werde, ſo laß er doh ſeine Tük nit, gleich wie die böſen Weiber. — Der Leopard iſt bey allen Thieren verhaſt, und fliehen jhn faſt alle Thier, auch der Drach ſelber. Ein ſolchen Haß ſoll er auff die Menſchen haben, daß er auch die gemahlten Bilder zerreiſſe, ſoll au< dem Hahn und Schlangen ſehr zuwider ſeyn. Seine Klauen ziehet es gleih wie die Löwen zu ſi, daß ſie niht ſtumpff und untüchtig zum Streiten werden. — Das Thier, ſo Hyæna, Vielfraß oder Grabthier genannt wird, iſt dem Leoparden auffſeßig: Es ſoll auch der Leopard, wann er deſſen anſichtig wird dermaſſen erſchre>en, daß er jhm keinen Widerſtand begehrt zu thun, und wann jhr beyder Felle beyeinander gehen>t werden, ſo fällt dem Fell deß Leoparden das Haar auß, wann Plinio zu glauben. Auß welcher Urſach die Ägyptier, wann ſie andeuten wollen, daß der Edlere, Stärkere, und Gröſſere, von dem Geringer