Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

496 Vierte Drdnung: Raubtiere; erſte Familie: Katen.

eine gewiſſe Baumart (Sapota milleri), deren Rinde auf eine Höhe von 2 m oft ganz zerkraßt erſcheint. Dieſem Gewährsmann zufolge iſt er auh in Guayana noh „ziemlich häufig“.

Zn der Morgen: und Abenddämmerung oder auch bei hellem Mond- und Stercnenſcheine, nie aber in der Mitte des Tages oder bei ſehr dunkler Nacht, geht der Jaguar auf Naub aus. Alle größeren Wirbeltiere, deren er habhaft werden kann, bilden ſeine Nahrung. Er iſt ein in jeder Hinſicht furhtbarer Näuber. So plump ſein Gang auch erſcheint, ſo leiht und geſ<hwind kann er im Falle der Not \ih bewegen. Seine Kraft iſt für ein Tier von ſeinem Wuchſe außerordentlih groß und kann nur mit der des Tigers und des Löwen verglichen werden. Die Sinne ſind gut und gleichmäßig ausgebildet. Das lebendige Auge iſt ſcharf, das Gehör vortrefflih, der Geruch aber, wie bei allen Kaßen, nicht eben beſonders entwielt; doh vermag er immerhin noch eine Beute auf gewiſſe Entfernung zu wittecn. So erſcheint er leiblih vollkommen ausgerüſtet, um als gefährliches Raubtier auftreten zu können. Er iſt kein Koſtverähter. Azara fand in ſeinem Kote die Stacheln eines Stachelſhweins, Rengger im Magen Teile von Ratten und Agutis, woraus hervorgeht / daß er auh auf kleinere Tiere Jagd machen muß. Ebenſo beſchleicht ex im Schilfe Sumpſvögel und verſteht Fiſche ſehr gewandt aus dem Waſſer zu ziehen. Ja er mag, wie {hon Pò ppig anführt, ſogar den Kaiman nicht verſchonen. Bates ſah bei einem Fagdausfluge eine friſche Jaguarfährte an einem Tümpel mit friſ<h aufgerührtem Waſſer, hörte bald darauf das Nauſchen der Gebüſche, in denen das geſtörte Raubtier verſ<hwand, und fand einige Schritte weiterhin die Überreſte eines bis auf den Kopf, das Vorderteil und die Panzerhaut aufgefreſſenen Alligators. Das Fleiſch war noch ganz friſch und um den Leichnam herum die Fährte des Jaguars deutlich erkennbar; es konnte alſo keinem Zweifel unterliegen, daß der Alligator der Unze zum Frühſtücke gedient hatte. Daß die Unze Kriechtiere verzehrt, iſt nach den Beobachtungen von Humboldt, des Prinzen von Wied, Pöppigs, Bates und Kapplers nicht in Abrede zu ſtellen. „Der Faguar“, ſagt A. von Humboldt, „der grauſamſte Feind der Arrua-Schildkröte, folgt dieſer an die Geſtade, wo ſie ihre Eier legt. Er überfällt ſie auf dem Sande, und um ſie bequemer verzehren zu können, wendet er ſie um. Die Shildkröte kann ſih niht wieder aufrichten, und weil der Jaguar ungleih mehr derſelben wendet, als er in einer Nacht ſrißt, ſo benugzen die Fndianer öfters ſeine Liſt zu ihrem Vorteile. Man kann übrigens die Gewandtheit der Pſote des Tieres nicht genug bewundern, die den gedoppelten Panzer der Schildkröte ausleert als wären die Muskularbande mit einem chirurgiſchen Fnſtrumente gelöſt worden.“

„Für einen geübten Jäger“, ſhreibt Rengger, „iſt es nichts Seltenes, den Jaguar auf ſeinen Jagden beobachten zu können, beſonders längs der Ströme. Man ſieht ihn dann na< dem Ufer heranſchleichen, wo er insbeſondere den Waſſerſhweinen und den Fiſchottern nachſtellt. Von Zeit zu Zeit bleibt er wie horchend ſtehen und ſieht aufmerkſam um ſich; niemals aber konnte ih bemerken, daß er, dur< den Geruch geleitet, mit zur Erde geſtre>ter Naſe die Spur eines Wildes verfolgt hätte. Hat er z. B. ein Waſſerſhwein bemerkt, ſo iſt es unglaublih, mit welcher Geduld und Umſicht ex ſih ihm zu nähern ſucht. Wie eine Sylange windet ex ſi< auf dem Boden hin, hält ſi< dann wieder minutenlang ruhig, um die Stelle ſeines Opfers zu beobachten, und macht oft weite Umwege, um dieſem von einer anderen Seite, wo er weniger bemerkt werden kann, beizukommen. Ft es ihm gelungen, ungeſehen dem Wilde ſich zu nähern, ſo ſpringt er in einem, ſelten in zwei Sägen zu, drüdt es zu Boden, reißt ihm den Hals auf und trägt das no< im Todeskampfe ſich ſträubende Tier in das Dickicht. Öfters aber verrät ihn das Kniſtern dex unter ſeinem Gewichte brechenden dürren Reiſer, ein Geräuſch, auf welches auch die Fiſcher achten, wenn ſie abends am Ufer des Stromes ihr Nachtlager aufſhlagen, oder die Waſſerſchweine wittern ihn vou ferne und ſtürzen ſih mit einem lauten Schrei ins Waſſer. Man -will übrigens Faguare