Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Jaguar: Beutetiere. Raubweiſe. Fiſchfang. 497

geſehen haben, welche hinter den Tieren her ins Waſſer ſprangen und ſie im Augenbli>e des Untertauchens erhaſchten. Jm Augenbli>e, wo er ein Tier beſchleicht, iſt ſeine Aufmerk ſamkeit ſo ſehr auf dasſelbe gerichtet, daß er nicht achtet, was um ihn her vorgeht, und ſogar ſtarkes Geräuſh niht wahrnimmt. Kann er ſih dem Wilde niht nähern, ohne bemerkt zu werden, ſo legt er ſi<h im Gebüſche auf die Lauer. Seine Stellung iſt alsdann die einer Kate, welche auf eine Maus paßt, niedergedu>t, doh zum Sprunge fertig, das Auge unverwandt nach dem Gegenſtande ſeiner Raubgier gerichtet und nux den ausgeſtre>ten Shwanz hin und wieder bewegend. Aber nicht immer geht der Jaguar dem Wilde nach, oft verſte>t er ſih bloß in das Röhricht der Sümpfe und am Ufer kleinerer Bäche und erwartet hier ruhig die zur Tränke gehenden Tiere.“

Jn Viehherden richtet der Faguar niht unbedeutenden Schaden an. Er ſtellt beſonders dem jungen Hornvieh, den Pferden und Mauleſeln nah. Azara behauptet, daß er dieſe Tiere töte, indem er auf den Hals ſeiner Beute ſpringe, eine Klaue in den Nacen oder an das Gehörn ſeße, mit der anderen die Spige der Schnauze pa>ke und den Kopf ſo ſchnell herumdrehe, daß er ſeiner Beute augenbli>li<h das Geni> breche, alſo wie es von den großen Katen der Alten Welt berichtet wird. Rengger hat dies nie beobachtet und auh bei toten Tieren keine Spur davon auffinden können. „Fm Gegenteil“, fährt er fort, „habe ih immer bemerkt, daß der Jaguar ſeiner Beute, wenn ſie in einem großen Tiere beſteht, den Hals aufreißt oder, wenn ſie nur ein kleines Tier iſt, dur< einen Biß im Nacen tötet. Stiere und Ochſen greift ex ſelten und nur in der Not an; ſie gehen mutvoll auf ihn los und verſcheuchen ihn. Die Kühe ſogar verteidigen ihr Funges mit Vorteil gegen den ſ{limmen Feind, werden aber dabei oft ſhwer verwundet. Pferde und Mauleſel fallen ihm leiht zur Beute, wenn ſie den Wäldern ſi<h nähern.“

Der Faguar erhaſcht ſeine Beute ebenſowohl im Waſſer wie auf dem Lande; auf Bäumen jagt er niht, obwohl ex ſie niht ungeſchi>t beſteigt, wenn er verfolgt wird. Man hat viel gefabelt über die Art und Weiſe, wie er ſich Fiſche zu verſchaffen weiß. So ſoll er, um nur ein Beiſpiel anzuführen, die Fiſche dur<h den Schaum ſeines Speichels, oder indem er mit ſeinem Shwanze auf die Oberfläche des Waſſers ſchlägt, an ſih heranlo>en. „Ein verſtändiger Jäger aber“, ſagt Nengger, „dem ih manche gute Beobachtungen und manchen guten Rat für meine Reiſen verdanke, belehrte mich eines beſſeren, und eigene Beobahtungen beſtätigten mir ſpäter die Wahrheit ſeiner Ausſage. Als ih an einem ſhwülen Sommerabende von der Entenjagd in meinem Nachen nah Hauſe fuhr, bemerkte mein Begleiter, ein Fndianer, am Ufer des Stromes einen Jaguar. Wir näherten uns demſelben und verſte>ten uns, um ſein Treiben zu beobahten. Zuſammengekauert ſaß er an einem Vorſprunge des Ufers, wo das Waſſer einen etwas ſchnellen Lauf hatte, dem gewöhnlichen Aufenthalte eines Raubfiſhes, welher im Lande „Dorado! heißt. Unverwandt richtete er ſeinen Blik aufs Waſſer, indem er ſi< hin und wieder vorwärts bog, wie wenn er in die Tiefe ſpähen wollte. Etwa nach */4 Stunde ſah ich ihn plöblih mit der Pfote einen Schlag ins Waſſer geben und einen großen Fiſh ans Land werfen. Er fiſcht alſo ganz auf gleiche Art wie die Hauskage.“

Hat der Jaguar ein kleines Tier erlegt, ſo zehrt er es mit Haut und Knochen ſogleich auf; von großer Beute aber, wie von Pferden, Rindern und dergleichen, frißt er bloß einen Teil, ohne Vorliebe für dieſes oder jenes Stü des Körpers zu zeigen; nur die Eingeweide berührt er alsdann niht. Nah der Mahlzeit zieht er ſih in den Wald zurück, entfernt ſich aber in der Regel niht weiter als /4 Stunde von der Stelle, wo er fraß, und überläßt ſi dann dem Sthlafe. Des Abends oder des anderen Morgens kehrt er zu ſeiner Beute zurü>, zehrt zum zweiten Male davon und überläßt nunmehr den Neſt den Geiern.

Mehr als zweimal frißt der Jaguar, nah Renggers Angabe, niht von einem getöteten Tiere, noh weniger würde ex ein Aas berühren, — leßteres dürfte jedoh, obwohl

Brehm, Tierleben. 3. Auflage, I. 32