Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Härung. Geſelliges Leben. Nahrungsaufnahme. 2

Slafen, ſondern ruhen oder wachen, wie es ihnen gerade beliebt: ſo die Meertiere oder in den höheren Breiten auh die Landtiere während der Sommerzeit. Es mag im ganzen genommen vielleicht mehr eigentliche Dag- als Nachttiere geben, jedoch iſt die Zahl derjenigen, welche bei Naht lebendig und thätig find, nicht viel geringer als die Menge derer, welche bei Tage ihrem Erwerbe nahgehen. Unter den Affen gibt es bloß einige nächtlich lebende Arten; die Fledermäuſe dagegen ſchlafen faſt den ganzen Tag, und nur wenige fommen aus ihren Schlupfwinkeln zum Vorſcheine, ſolange die Sonne no< am Himmel ſteht; unter den Kerbtier- und Fleiſchfreſſern, den Nagern, Vielhufern und Wiederkäuern gibt es wenigſtens ſehr viele Nahttiere, wenn au< mehrere Arten der Wehrloſeren ſolche erſt aus Furcht vor Verfolgung geworden ſein mögen. Die ſtarken und die ſehr flüchtigen oder auf Bäumen lebenden ſind größtenteils Tagtiere, einer Verfolgung aber auch weniger ausgeſeßt; es würde jedo< voxeilig ſein, wenn man behaupten wollte, daß alle Nachttiere feigere, ſhwächere, dümmere und plumpere Tiere ſeien als die, welche bei Tage thätig ſind; denn wir brauchen eben bloß an die Kaßen, Marder, Hirſche und andere, welche faſt ohne Ausnahme bei Tage und bei Nacht wach ſind, zu denken, um des Gegenteiles uns bewußt zu werden. Als allgemeine Regel kann gelten, daß die wehrloſeren Tiere, welche dur ihren Aufenthalt niht vor Gefahren geſhüßt ſind, die Nacht zu ihrer Thätigkeit benußen.

Während ihres Wachens beſchäftigen ſih die meiſten Säuger ausſchließli<h mit Aufſuchen ihrer Nahrung. Dieſelbe kann höchſt verſchieden ſein. Alle Mitglieder unſerer Klaſſe ſind ſelbſtverſtändlih Pflanzenfreſſer oder aber Räuber, welche andere Tiere verzehren. Faſt alle Erzeugniſſe der beiden Reiche finden ihre Liebhaber. Die Pflanzenfreſſer verzehren ganze Pflanzen, z. B. Gräſer, Diſteln, Moſe, Flechten, oder einzelne Teile von Pflanzen, als Blüten, Blätter, Früchte, Körner, Sämereien, Nüſſe, Zweige, Äſte, Dornen und Rinde. Die Raubtiere nähren ſi<h von anderen Säugern oder von Vögeln, Kriechtieren, Lurchen, Fiſchen, Krebſen, Würmern und Weichtieren; einige freſſen bloß ihre ſelbſt erlegte Beute, andere lieben Aas; manche verſchonen ſogar ihr eigenes Fleiſ<h und Blut nicht.

Dieſe Mannigfaltigkeit der Nahrung bedingt auch die Verſchiedenheit des Erwerbes derſelben, d. h. die Verſchiedenheit in der Erbeutung und Aufnahme. Einige nehmen ihre Nahrung mit den Händen zu ſich; der Elefant ſte>t ſie mit dem Rüſſel in das Maul; die größte Mehrzahl aber nimmt ſie unmittelbar mit dem Maule auf, oft, nachdem ſie dieſelbe vorher mit den Tatzen erfaßt und feſtgehalten hat. Pflanzennahrung wird mit den Händen oder dem Rüſſel abgebrochen, mit den Zähnen abgebiſſen, mit Zunge und Lippen abgerupft, mit dem Rüſſel aus der Erde gewühlt, tieriſhe Nahrung dagegen bei wenigen, z. B. bei den Fledermäuſen, Hunden, Fiſchottern, Robben und Walen, gleich mit dem Maule aufgenommen, bei anderen aber mit den Händen oder Taßen erfaßt und dem Maule zugeführt und bei einigen auh mit dem Rüſſel ausgegraben, ſo von den Maulwürfen, Spißmäuſen, Jgeln und S<hweinen.

Die Säugetiere freſſen viel, verhältnismäßig jedo< weniger als die Vögel. Dies ſteht au mit ihrer geringeren Regſamkeit vollkommen im Einklange. Nach der Mahlzeit ſuchen ſie die Ruhe und verfallen hierbei entweder bloß in einen Halbſhlummer, wie die Wiederfäuer, oder in wirklihen S<hlaf. Zum Spielen oder unnüßen Bewegen zeigen ſih, wie geſagt, nur wenige aufgelegt; es ſind faſt nur die Jungen, welche hierzu Luſt haben und dur ihr tolles Treiben auch die gefälligen Alten aufzurütteln wiſſen. Bei guter und reihliher Nahrung bekommen alle Säugetiere ein glattes, glänzendes Haarkleid und lagern im Zellgewebe und in den Leibeshöhlen viel Fett ab, welches bei einigen zur Erhaltung des Lebens während der Hungerzeit dienen muß. Einigen Pflanzen- und Kerbtierfreſſern nämli<h geht während des Winters die Nahrung vollkommen aus, und ſie ſind zu klein