Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 524

484 Siebente Dronung: Nager; vierte Familie: Springnager.

will ih niht eben ho< ſtellen; ſo viel aber iſt zweifellos, daß ſie ſi ſehr bald an einem beſtimmten Orte eingewöhnt, Leute, welche ſih mit ihr abgeben, gut kennen lernt und eine gewiſſe berechnende Kunſtfertigkeit an den Tag legt. Der Bau ihres Neſtes beſchäftigt ſie an jedem Morgen längere Zeit. Wenn man ihr Heu, Baumwolle und Haare gibt und den Grundbau des Neſtes vorzeichnet, arbeitet ſie verſtändig weiter, holt ſi< die Baumwollenflumpen herbei, zieht ſie mit den Vorderhänden auseinander und legt ſie ſih zurecht, ſchiebt die Haare an den betreffenden Stellen ein und pußt und glättet die runde Neſthöhle, bis ſie den erforderlihen Grad von Ordnung und Sauberkeit zu haben ſcheint. Hervorſpringende Halme werden dann auh wohl no< ausgezogen oder abgebiſſen, bis das Ganze in einen möglichſt behaglichen Zuſtand verſeßt worden iſt.

Unter allen Nagern, welche ih bis jezt in der Gefangenſchaft hielt, hat mir die Springmaus das meiſte Vergnügen gewährt. Fhrer Eigenſchaften wegen muß ſich jedermann mit ihr befreunden. Sie iſt ſo außerordentli< harmlos, ſo freundlich, zahm, reinlih und, wenn einmal vom Schlafe erwacht, ſo munter und ſo luſtig, jede ihrer Stellungen ſo eigentümlih, und ſie weiß ſo viel Abwechſelung in dieſe zu bringen, daß man ſih ſtundenlang mit ihr beſchäftigen kann. Sonini beobachtete, daß ſeine gefangenen Springmäuſe eifrig nagten, um ſih aus ihrem Käfige zu befreien; ih habe dies nur dann bemerït, wenn ih meine Gefangenen frei im Zimmer herumlaufen ließ. Hier verſuchten ſie wohl auch, ein Loch dur< die Dielen zu ſchneiden; im Käfige aber dachten ſie nie daran, ihre ſharfen Nagezähne zu etwas anderem als zum Freſſen zu gebrauchen.

Gegen ihren Pfleger benimmt ſih die Springmaus ſehr liebenswürdig. Niemals fällt es ihr ein, den zu beißen, welcher ſie aufhebt. Man darf ſie berühren, ſtreicheln, umhertragen: ſie läßt ſich alles gefallen. Nux wenn man ihr abends den Finger durch das Gitter hält, faßt ſie denſelben zuweilen und ſchabt mit den Zähnen ein wenig an der Spie, wahrſcheinlih weil fie glaubt, daß man ihr irgend etwas zum Freſſen reihen wolle; zu einem ernſtlichen Beißen aber kommt es auch dann niht. Man könnte, glaube ich, die Springmaus in jedem Pußzimmer halten, ſo groß iſt ihre Gutmütigkeit, Harmloſigkeit und Reinlichkeit. Nichts iſt ihr unangenehmer, als wenn man ſie bei ihren abendlichen Luſtwandlungen außerhalb des Käfigs ſtört, und nur höchſt ungern bleibt ſie dann in der Hand. Seßt man ſie aber auf die eine Hand und ſtreichelt ſie ſanft mit dem Finger, ſo ſchließt ſie wie verzü>t die Augen zur Hälfte, rührt minutenlang kein Glied und vergißt Freiheit und alles andere.

Der Nuten, welchen die Wüſtenſpringmäuſe bringen, iſt niht unbedeutend. Die Araber eſſen ihr ziemlih geſhma>loſes Fleiſch ſehr gern und bereiten ſih wohl auch aus den glänzenden Fellen kleine Pelze für Kinder und Frauen oder verwenden ſie fonſt zur Verzierung von Sätteln, zum Beſaß von De>en 2c. Schaden bringen die Springmäuſe natürli nicht, ſie nußen höchſtens diejenige Stelle der Wüſte aus, welche ſonſt von keinem anderen Geſhöpfe bewohnt wird.

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Der Bau des Schädels, des Gebiſſes und hauptſählih der Hinterfüße unterſcheidet die Sandſpringer (Scirtetes) von den Wüſtenſpringmäuſen. Der Schädel iſt hinten ſ<hmäler und etwas gerundeter als bei den Verwandten; an der Vorderfläche der Nagezähne fehlt die Rinne; die Backenzähne, 4 im Oberkiefer, 3 im Unterkiefer, ſind tiefer und vielfacher gefaltet. Schon iſt ein langer und ſtarker Mittelfußknochen vorhanden, aber zu ſeinen beiden Seiten liegen kleinere, wel<he Afterzehen tragen. Hierdur<h wird der Hinterfuß eigentlich fünfzehig: der große Knochen trägt drei Zehen und jeder der ſeitlihen eine. Fm übrigen ähneln die Sandſpringer ihren Verwandten vollſtändig; teilweiſe bewohnen ſie mit ihnen auch dasſelbe Vaterland.