Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 532

492 Siebente Ordnung: Nager; fünfte Familie: Mäuſe.

andere unternehmen zeitweilig in ungeheuern Scharen Wanderungen, welche ihnen aber gewöhnli<h verderbli<h werden.

Für die Gefangenſchaft eignen ſi< wenige Arten; denn bloß der geringſte Teil aller Mäuſe erfreut dur leihte Zähmbarkeit und Verträglichkeit mit anderen ſeiner Art. Die übrigen bleiben au<h im Käfige unangenehme, unverträgliche, biſſige Geſchöpfe, welche die ihnen gewidmete Freundſchaft und Pflege ſ{hle<t vergelten. Eigentlichen Nußen gewähren die Mäuſe nie; denn wenn man auch von dieſer oder jener Art das Fell benugzt oder ſelbſt das Fleiſch ißt, kommt beides doh niht in Betracht gegen den außerordentlihen Schaden, welchen die Geſamtheit der Familie anrichtet.

Die Rennmäuſe werden in einer beſonderen Unterfamilie (Merionidinae) von der Verwandtſchaft getrennt. Fhr Leib iſt eher unterſeßt als geſtre>t, der Hals kurz und di> der Kopf ziemlih kurz, hinten breit, nah vorn zu verſhmälert, die Shnauze zugeſpißt, der Schwanz faſt von Körperlänge, regelmäßig dicht behaart, zuweilen ſogar gepinſelt, niemals na>t. Die hinteren Glieder ſind etwas länger als die vorderen, die Füße fünfzehig; doh iſt der vordere Daumen eigentlih nur eine Warze mit glattem Nagel, während die übrigen Zehen kurze, ſ{<hwa< gekrümmte und zugeſpißte Krallen tragen. Dhren und Augen ſind ſehr groß. Der Pelz iſt dicht, glatt anliegend und weih, auf der Oberſeite regelmäßig roſtigbraun oder fahl, auf der Unterſeite heller oder weiß, ohne daß ſih jedoch dieſe Färbung ſcharf von der oberen abſezt. Die Nagezähne ſind meiſt gefurht und dunkel gefärbt, die Backenzähne, 3 in jeder Reihe, nehmen nach hinten an Größe ab. Der Schädel ähnelt bis auf die ſtark aufgetriebenen Paukenknochen dem der Ratten; die Wirbelſäule beſteht aus 7 Hals: 12—18 rippentragenden, 6—7 rippenloſen, 4 Kreuz- und 20—81 S<hwanzwirxbeln.

Das Verbreitungsgebiet der Rennmäuſe beſchränkt ſi<h auf Afrika, das ſüdliche Aſien und das ſüdöſtliche Europa. Sie leben am liebſten in den angebauten Gegenden, finden ſi< aber auch in den dürrſten Ebenen und Steppen, oft in außerordentliher Menge. Manche Arten ſind geſellig und vereinigen ſih zu Scharen, welche dann ebenſo ſ{hädlih werden wie unſere Feldmäuſe. Die meiſten graben ſich ziemli<h ſeite, unterirdiſhe Gänge, in denen ſie den Tag verbringen. Mit Einbruch der Dämmerung kommen ſie hervor, um na<h Nahrung auszugehen. Jhre Bewegungen ſind außerordentlich raſh und lebhaft; einzelne ſollen im ſtande ſein, bedeutende Säße zu machen. Scheu und furhtſam, wie die übrigen Mäuſe, flüchten ſie bei der geringſten Störung eiligſt nah ihren Löchern. Jhre Nahrung beſteht in allerlei Samen und Wurzeln, namentlih auch in Getreide. Auf bebauten Feldern rihten ſie arge Verwüſtungen an, beißen die Ähren ab und ſ<hleppen ſie nah ihrer Wohnung, wo ſie dieſelben ungeſtört und gemächlih verzehren oder ausdreſchen, um die Körner für ungünſtige Zeiten aufzuſpeihern. Die Vorräte, welche ſie ſih eintragen, ſind fo bedeutend, daß man dur< Ausgraben eine ziemlich reiche Ernte halten kann; denn man findet oft in einem Umkreiſe von 20 Schritt mehr als einen Scheffel der ſhönſten Ähren unter der Erde verborgen. Wie unſeren Ratten, iſt den Renninäuſen aber auh tieriſhe Nahrung willkommen, und vorzüglich die Kerbtiere haben in ihnen Feinde. Es ſcheint, daß ſie das Waſſer zu entbehren im ſtande ſind; wenigſtens findet man ſie nicht ſelten in dürren Ebenen, meilenweit von Bächen oder Brunnen entfernt, ohne daß man ihnen Mangel anmerken könnte.

Der Verwüſtungen wegen, welche die Rennmäuſe in den Feldern anrihten, werden ſic von den Einwohnern ihrer Heimat ebenſo gehaßt und verfolgt wie unſere Ratten. Sie zu vertreiben, iſt niht möglich, ſo eifrig man ihnen auh nachſtellen mag; denn ihre Vermehrung iſt ſo bedeutend, daß alle Niederlagen, welche der Menſch etwa einer Art beibringen