Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 534

494 Siebente Ordnung: Nager; fünfte Familie: Mäuſe.

bekannten Stellungen der Springmäuſe. Die Vorderfüße waren beinahe unter dem langen, ſeidenartigen Pelze verſte>t. Eine eigentliche Stimme habe ih nie von ihm gehört, ſondern nur manchmal einen in Zwiſchenräumen von mehreren Sekunden wiederholten Ton, welher wie unterdrüd>tes Huſten klang. Später bekam ih ein halb ausgewacſenes Weibchen. Es iſt weit lebhafter als das Männchen. Die ganze Nat läuft es im Käfige hin und her; den Tag verbringt es mit Schlafen. Jm Schlafe ſißt es auf den Hinterfüßen, den Kopf zwiſchen die Schenkel geſte>t und den Schwanz kreisförmig unter den Kopf gelegt.

„Am 1. September warf meine Sandrennmaus ſehs Junge. Jch entfernte das Männchen aus dem Käfige und gab der Mutter friſches Heu, woraus ſie ſih alsbald ein bequemes Neſt verfertigte. Die neugeborenen Jungen hatten das Ausſehen junger Wanderratten, ſchienen aber um ein wenig größer zu ſein. JFhre Mutter war ſehr beſorgt um ſie und verdedte ſie, wenn ſie das Lager verließ, mit Heu. Manmal, namentli< in der ihr ſehr wohlthuenden Mittagshige, legte ſie ſih beim Säugen auf die Seite, ſo daß man die «FUnN=gen gut beobachten konnte. Dieſe waren ſehr lebhaft und ſaugten mit Begierde. Vier Tage nach ihrer Geburt waren ſie ſhon ganz grau, am 6. Tage ihres Lebens hatten ſie die Größe der Zwergmäuſe, und der ganze Oberkörper war mit einem außerordentlich feinen Flaum von ſchieferblauer Farbe bede>t. Jhr Wachstum ging raſch von ſtatten. Am 13. Tage waren ſie überall mit kurzen Haaren bede>t, der Oberkörper hatte ſchon die eigentümliche, rehfahle Farbe der Alten, und die ſ<warze Shwanzſpige konnte man bereits deutlih erkennen. Sie liefen manhmal, wenn auh noch etwas unbeholfen und ſ<hwerfällig, um ihr Lager und machten, obgleih no< blind, öfters Männchen und putten ſih. Die Mutter verſuchte ſie aber immer der Beobachtung zu entziehen, nahm eine nach der anderen ins Maul, brate ſie eiligſt na< dem Neſte zurü> und verbarg ſie dort ſorgfältig. Wenn man längere Zeit in ihrer Nähe verweilte, wurde ſie ſehr ängſtlich und lief mit der größten Sgnelligkeit im Käfige herum, eines oder das andere der Jungen im Maule tragend. Man glaubte, befürchten zu müſſen, daß ſie die zarten Tierchen verleßen möchte: doh war dies nie der Fall, und die Jungen gaben auh kein Zeichen des Schmerzes oder Unbehagens. Am 16. Tage ihres Lebens wurden ſie ſchend. Nun benagten ſie ſhon Hafer, Gerſte, Mais, und einige Tage ſpäter konnte man ſi< auh dur< das Gehör von der Thätigkeit ihrer Nagezähne überzeugen. Am 21. Tage hatten ſie die Größe der Hausmäuſe, am 25. die der Waldmäuſe. Feßt ſaugten ſie nur ſelten, doh bemerkte ih dies von einigen noh, natdem ſie über 1 Monat alt geworden waren. Sie fraßen ſchon von allem, was ihre Mutter zur Nahrung bekam: in Waſſer gequollene Semmel, Zwieba>, Brot, Hafer, Gerſte, Mais. Der leßtere behagte ihnen vorzüglih, wenn er friſh abgenommen und noch etwas weich war. Hanfſamen, Kürbiskörner liebten ſie ſehr; aus Birnen, Äpfeln und anderem Obſte ſchienen ſie ſih wenig zu machen: ſie koſteten nur zuweilen etwas davon.

„Am 5. Oktober gab das ſeit dem 1. September abgeſperrte Männchen zum erſten Male deutlih wahrnehmbare Töne von ſih. Sie beſtanden aus girrenden, trillernden Strophen, in denen zum Teil etwas Melodie lag, ähnlich denen des Meerſchweinchens, nur {hwäqher. ‘Dieſer Geſang dauerte wohl eine Viertelſtunde; früher hatte ih nie etwas Ähnliches von meinem Gefangenen vernommen. Am 6. Oktober bemerkte ih zu meinem großen Erſtaunen, daß die Mutter der zur Welt gekommenen Jungen {on wieder fünf Kleine geboren hatte. Sie war demnach 36 Tage trähtig gegangen und hatte ſich alſo gleih nah ihrer Entbindung wieder mit ihrem Männchen begattet. Man kann die Sandrenumaus den hübſcheſten Tieren beizählen, welche man aus der Ordnung der Nager zum Vergnügen hält. Sie wird ungemein zahm, verläßt den Käfig, läuft ſorglos auf dem Tiſche umher und läßt ſich ergreifen und nehmen, ohne Miene zum Beißen zu machen. Zhre großen, niht ſehr vorſtehenden Augen und ihr ſ{höner Pelz tragen viel zum angenehmen Eindruke bei, welchen