Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2, стр. 535

Sandrennmaus: Gefangenleben. 495

ſie auf den Beſchauer macht; ſelbſt ihr dihtbehaarter Shwanz mit ſ{hwarzer Endquaſte gereicht ihr ſehr zur Zierde.

„Da die Sandrennmaus, als Nattier, vorzugsweiſe von der Abend- bis zur Morgendämmerung ihr Weſen treibt, ihrer Nahrung nachgeht und unter Hüpfen, Laufen und Spielen die Zeit hinbringt, bietet ihr natürli der enge Käfig zu wenig Raum dar, um unbeſchadet des Neſtes die mannigfaltigen Körperübungen vorzunehmen. Daher ſah man au< von dem Neſte, ſolange die Jungen blind waren, in der Nacht faſt keine Spur, und alles war gleichförmig zuſammengetreten. Die Fungen waren zugede>t, und man würde, wenn ſie niht zuweilen ſi dur< eine Bewegung bemerklih gemacht hätten, kaum geglaubt haben, daß außer der Mutter ſi< noh lebende Junge im Käfige befanden.“

Die Ur- und Vorbilder der Familie, die Mäuſe im engeren Sinne (Murinae), find infolge ihrer Zudringlihkeit als Gäſte des Menſchen in ihrem Treiben und Weſen nur zu bekannt. Unter ihnen finden ſi jene Arten, welche ſich mit den Menſchen über die ganze Erde verbreitet und gegenwärtig auh auf den ödeſten Fnſeln angeſiedelt haben. Es iſt noh niht ſo lange her, daß dieſe Weltwanderung der Tiere ſtattfand; ja man kennt an vielen Orten noh genau die Zahl des Jahres, in welchem ſie zuerſt auftraten: gegenwärtig aber haben ſie ihre Rundreiſe um den Erdball vollendet. Nirgends dankt ihnen der Menſch die unverwüſtliche Anhänglichkeit, welche ſie an ſeine Perſon, an ſein Haus und ſeinen Hof an den Tag legen, überall verfolgt und haßt er ſie auf das ſchonungsloſfeſte, alle Mittel ſeßt er in Bewegung, um ſi< von ihnen zu befreien: und dennoch bleiben ſie ihm zugethan, treuer noh als der Hund, treuer als irgend ein anderes Tier. Leider ſind dieſe anhänglichen Hausfreunde abſcheuliche Hausdiebe, wiſſen ſih mit ihren ſpigbübiſhen Werkzeugen überall einzuniſten und bereiten ihrem Gaſtſreunde nur Schaden und Verluſt. Hieraus erflärt ſi, daß alle wahren Mäuſe ſhle<tweg häßliche, garſtige Tiere genannt werden, obgleich ſie dies in Wahrheit durchaus nict ſind, im Gegenteile vielmehr als {<mude, anmutige, nette Geſellen bezeihnet werden müſſen.

Sm allgemeinen kennzeichnen die Mäuſe, welhe man in einex zweiten Unterfamilie vereinigt, die ſpie, behaarte Schnauze, die breite, geſpaltene Oberlippe, die in fünf Reihen geordneten, langen und ſtarken Schnurren, die großen, runden, tiefſ<warzen Augen, die frei aus dem Pelze hervorragenden Ohren und vor allem der lange, na>te, bloß ſpärlich mit ſteifen Härchen bekleidete, anſtatt der Behaarung mit viere>igen und verſchoben viere>igen Schuppen bede>te Schwanz. Die Vorderfüße haben 4 Zehen und 1 Daumen1warze, die Hinterfüße ſind fünfzehig. Jm Gebiſſe finden ſih 3 Backenzähne in jedem Kiefer, welche von vorn nach hinten zu an Größe abnehmen. Jhre Kaufläche iſt höckerig, ſchleift ſih aber mit der Zeit mehr und mehr ab, und dann entſtehen quere Schmelzbänder, welche in hohem Altex ebenfalls verſhwinden können. Der Pelz beſteht aus kurzem, wolligem Grundhaar und längeren, ſteifen Grannen, welche abgeplattet erſcheinen. Jn der Pelzfärbung ſind Schwarzbraun und Weißgelb vorwiegend.

Schon im gewöhnlichen Leben unterſcheidet man zwei Hauptgruppen, die Natten und Mäuſe, und dieſe Unterſcheidung nimmt auch die Wiſſenſchaft an. Die Ratten ſind die plumperen und häßlicheren, die Mäuſe die leichteren und zierliheren Geſtalten. Bei jenen hat der Shwanz zwiſchen 200 und 260 Schuppenringe, bei dieſen nur zwiſchen 120 und 180; dort ſind die Füße di> und kräftig, hier {hlank und fein; die Ratten ſind im ausgewadhſenen Zuſtande erheblih größer als ihre anſprechenderen Verwandten; jene haben geteilte Querfalten im Gaumen, bei dieſen ſind die Querfalten erſt von der zweiten an in der Mitte