Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Felſenſ<hwalbe. Uferſhwalbe. 529

ſie ſi< ausnahmsweiſe zu bedeutenden Höhen und zeigt dann ungefähr die Gewandtheit der Mehlſ<hwalbe. Selten vereinigt ſie ſi<h mit anderen Arten, obwohl es vorkommt, daß ſie ſich da, wo Mehlſchwalben an Felswänden niſten, auh in deren Geſellſchaft bewegt oder mit der Höhlen- und Mehlſchwalbe dieſelben Brutſtätten teilt. Sie iſt weit weniger geſellig als alle übrigen mir bekannten Schwalbenarten und bewohnt meiſt nur in wenigen Paaren dasſelbe Felſenthal.

Jn der Schweiz ſtreift ſie, laut Schinz, nah ihrer Ankunft im Frühjahre oft lange umher, ehe ſie ihre alten Neſter bezieht, und ebenſo nah vollendeter Brut bis zur Zeit der Herbſtwanderung entweder einzeln oder mit ihren Jungen oder in Geſellſchaft mit noch einer oder zwei anderen Familien von einem Turme oder Felſen zum anderen. Bei ſ{<le<tem Weiter hält ſie ſi< nahe über dem Boden; während ſtarken Regens ſucht ſie unter vorſpringenden Steinen, in Fels- oder Mauerlöchern Zuflucht. Sonſt ſett ſie ſi< ſelten am Tage, falls ſie niht zum Boden herabkommen muß, um hier Niſtſtoffe zuſammenzuleſen. Nur an heiteren Sommertagen ſieht man ſie zuweilen auf Hausdächern ſih niederlaſſen; in das Jnnere der Häuſer aber kommt ſie nie. „Beim Wegfliegen“, ſagt Schinz, „ſtürzt ſie«fih aus ihren Schlupfwinkeln hervor und breitet nun erſt im Fallen die Flügel aus; dann fliegt ſie meiſt ruhig ſ<hwimmend längs der Felſen hin und her, ſhwenkt ungemein ſ<nell um die E>en und in alle Klüfte hinein, ſeßzt ſi<h abex ſehr ſelten. Zuweilen entfernt ſie ſi< von den Felſen, aber nie weit, und ſelten, meiſt nur, wenn die Jungen erſt flügge geworden ſind, ſenkt ſie ſih etwas abwärts fliegt dann um die Wipfel der Tannen, die ſi hier und da am Fuße der Felſen befinden, und aßt die gierig nachfliegenden Jungen. Sie iſt viel ſtiller und weniger lebhaft als die neben ihr wohnende Haus\{hwalbe. Zuweilen ſpielt ſie, auf Felſenvorſpxüngen ſivend, indem zwei gegeneinander die Flügel lebhaft bewegen und dann ſehr {nell unter dem Rufe „dwi dwi dwi“ aufeinander ſtürzen, dann aber plößli<h und mit mannigfaltigen Shwenkungen davonfliegen. Die Loſtimme iſt oft tief und heiſer „drü drü drü“; ihren Geſang habe i< niemals vernommen.

Die Neſter der Felſenſhwalbe ſieht man da, wo ſie vorkommt, an Felſenwänden hängen, oft niht ho< über dem Fuße der Wand, immer aber in Höhlen oder doh an Stellen, wo vorſpringende Steine ſie von oben her ſhüßen. Sie ähneln am meiſten denen unſerer Rauchſhwalbe, ſind jedo< merkli< kleiner und mit Tier- und Pflanzenwolle, auh wohl einigen Federn ausgekleidet. An manchen Orten ſieht man mehrere dieſer Neſter beiſammen, jedvo<h niemals ſo dicht wie bei den Mehlſhwalben, wie denn auch eine Anſiedelung der Felſenſhwalbe niht entfernt dieſelbe Neſterzahl enthält wie die Siedelung der Mehlſ<walbe. Das Gelege, das früheſtens um die Mitte des April, gewöhnlih niht vor Ende des Mai vollzählig zu ſein pflegt, enthält 4—5 ungefähr 23 mm lange, 15 mm die, auf weißem Grunde unregelmäßig, am dichteſten gegen das di>e Ende hin blaß graubraun geſle>te Eier. Ende Mai beobachteten wir an einer Felswand des Monſerrat junge Felſenſhwalben, wie es ſchien, ſolche, welche erſt vor wenigen Tagen das Neſt verlaſſen hatten; denn ſie wurden von den Alten noch gefüttert. Dies geſchieht, wie ſhon Schinz beobachtete, im Fluge, indem Junge und Alte gegeneinander anfliegen und ſi dann flatternd auf einer Stelle erhalten, bis erſtere die ihnen zugereichten Kerbtiere glüclih gepa>t haben.

Über die Feinde der Felſenſhwalbe weiß ih nichts anzugeben. Auch ſie wird wahxſcheinli<h von dem kleinen, gewandten Edelfalken zu leiden haben. Der Menſch verfolgt ſie nirgends.

Viel genauer iſt uns das Leben der Uferſhwalbe, Erd-, Sand-, Kot-, Strandund Waſſerſ<hwalbe (Clivicola riparia, Cotyle riparia, fluyiatilis, palustris, Iittoralis und microrhynchos, Hirundo riparia und cinerea, Chelidon microrhynchos),

Brehm, Tierleben. 3. Auflage. 1V., 34