Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Töpfervogel. Bündelniſter. Y 543

ſi hin, um mit dem anderen zu wechſeln. Erſt nachdem er mehrere dieſer Schulſchritte ausgeführt, begann ex ordentlih zu laufen. Oft hielt ex im ſchnellſten Laufe plößlich inne, und manchmal we{ſelte er mit beiden Gangarten ab, indem er bald mit majeſtätiſchen Schritten, bald ſehr eilig dahinlief; dabei zeigte er ſih frei und ungezwungen, pflegte aber den Kopf zu heben und den Schwanz zu ſtelzen. Wenn er ſang oder ſchrie, nahm er eine ſtolze Haltung an, richtete ſi< auf, ſtre>te den Hals und ſ{<lug mit den Flügeln. Andere Vögel vertrieb er mit heftigem Zorne, wenn ſie ſih ſeinem Futternapfe näherten.

An unſere Meiſen und Baumläufer erinnern in Südamerika die Kriecher (Anabatinae). Die meiſten Arten dieſer Unterfamilie ſind ſchlank gebaut, kurzflügelig und lang: ſ<hwänzig; der etwa ktopflange Schnabel iſt ziemlih ſtark, gerade oder gebogen; die Füße ſind mittelho<h, und die kurzen Zehen auh mit kurzen, wenig gebogenen Krallen bewehrt; im Flügel iſt die vierte Schwinge die längſte; der Schwanz beſteht aus zwölf ſtark abgeſtuften Federn.

Alle Baumſteiger gehören dem feſtländiſchen Südamerika an und ſind ſtrenge Waldbewohner, die höchſtens zeitweilig in offenere Gegenden herauskommen. Überaus lebhaft und gewandt, immer in Bewegung, dur<hkriechen ſie die dunkeln, niederen Gebüſche, hüpfen auf den Zweigen und ſteigen wie unſere Meiſen an ihnen umher oder hängen ſi<h na< unten an, klettern aber keineswegs nah Art der Spechtmeiſen, Baumläufer und Spechte an den Stämmen auf und nieder. Viele Arten haben eine laute, ſonderbare Stimme; andere laſſen nur einen kurzen und ziemlich leiſen Lo>kton vernehmen. Alle ohne Ausnahme jagen Kerbtieren nah und zwar ungefähr in derſelben Weiſe wie die Meiſen. Viele bauen ein auffallendes/ oft hängendes und oben meiſt verſchloſſenes Neſt.

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Eine der bekannteſten Arten iſt der Bündelniſter (Sy nallaxis frontalis, Anumbins und Sphenura frontalis, Anabates und Phacellodomus rufifrons, Malurus garrulus; Abbildung S. 541), Vertreter der Buſchſ<lüpfer (Synallaxis), deren Kennzeichen in dem furzen, ſtark zuſammengedrücten ziemlih geraden, nur an der Spiße ſanft herabgebogenen Schnabel, den hohen und ſtarkläufigen Füßen, abgerundeten Flügeln und dem aus ſ{<malen, weichen, an der Spitze breiteren und zugerundeten Federn beſtehenden Schwanze liegen. - Das Gefieder der Oberſeite iſt hell bräunlich-olivengrau, das der Unterſeite blaß bräunlih-weißgrau; die Stirn dunkel roſtbraun, ein Streifen über dem Auge weiß; die Schwungfedern ſind graubraun, mit blaßrötlihem Schimmer auf der Vorderfahne. Das Auge iſ aſhgrau, der Schnabel oben dunkel horngraubraun, unten weißli<hhorngrau, der Fuß blaß bläulith-hornfarben. Die Länge beträgt 17 cm, die Fittichlänge 6, die Shwanzlänge 7 em.

„Dieſer niedliche Vogel“, ſagt der Prinz von Wied, „iſt mix in den großen Küſtenländern nie vorgekommen, und ih habe ihn bloß in den inneren, höheren, von der Sonnenhize ausgetro>neten Gegenden des Sertong der Provinzen Geraës und Bahia gefunden, wo ex die offenen, mit Gebüſchen abwechſelnden Gegenden bewohnt und behende von einem Baume oder Strauche zu dem anderen fliegt und hüpft. Jn der Lebensweiſe ähnelt er den verwandten Arten, und namentli<h ſcheint er dem rôtäugigen Baumſteiger (Anabates erytrophthalmus) nahezuſtehen.“

Von leßterem bemerkt unſer Gewährsmann folgendes: „Er gehört zu jenen Vögeln der geſchloſſenen Waldung, welche man von ferne an ihrer ſonderbaren, aus einigen immer