Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

54d Erſte Ordnung: Baumvögel; vierundzwanzigſte Familie: Tyrannen.

gleichartig modulierten Tönen beſtehenden, lauten Stimme erkennen fann. J< hielt mi in einex verlaſſenen Hütte im Urwalde mehrere Tage auf und hörte nun beſtändig in den hohen, von den mannigfaltigſten Schlinggewähhſen verflo<htenen Waldſtämmen, welche die niederen Büſche umgaben, die ſonderbare, aus ſe<s Tönen beſtehende Stimme eines Vogels, den i< niht kennen zu lernen vermochte, bis mir der Zufall endlih günſtig wax. Dieſer Vogel lebt in den dihten, hohen Urwaldungen, in der Brütezeit gepaart, im übrigen Teile des Jahres familienweiſe. Eine ſolche Familie wohnte nahe bei uns, und i<h fonnte ſie vollkommen beobahten. Jn der mit niederen Gebüſchen bede>ten Pflanzung ſtanden einige alte, hohe Stämme mit ſtark belaubter Krone, die bei der Urbarmachhung dieſes Fle>ens der Zerſtörung entgangen waren. Von einem dieſer Bäume hing an einer langen, dünnen Stlingpflanze ein Bündel von Reiſig herab, welches das Neſt dieſer Vögel war. Jn dieſes ſahen wir ſie tägli einſhlüpfen. Am Tage dur<hſtrichen ſie gemeinſchaftlih die bena<hbarten Waldungen und ließen dabei beſtändig ihre laute, ſonderbare Stimme vernehmen. Sobald der Abend herankam, hörte man die Familie ſi< nähern und ſah nun die Vögel einzeln hintereinander von Aſt zu Aſt hüpfen, alsdann aber zwei von ihnen, wahrſcheinlich die beiden Jungen, ſchnell an das hängende Neſt fliegen und einkriehen. Sie pflegten hier, obwohl ſie ſhon vollkommen erwachſen waren, regelmäßig zu übernachten. Wenn ſie ſi< im Neſte befanden, konnte man mit einem ſtarken Pfeile mehrmals gegen dieſes ſchießen, bevor ſie es verließen. Sowie der Tag anbrach, verließen ſie ihren Aufenthalt wieder, ließen ſogleih im hohen Walde ihre Stimme hören und antworteten ſi gegenſeitig. Sie ſcheinen muntere Vögel zu ſein und ſich ſehr zu lieben, da ſie ſih beſtändig antworten und am Abende vereinigen. Sie hüpfen mit kurz eingezogenen Füßen auf den Zweigen umher, ihren langen, gewöhnlich unordentlich bündelförmig ausgebreiteten Shwanz ein wenig auſgerichtet, ihn au<h wohl bewegend, ſteigen in allen Richtungen an den Shlingpflanzen hin und her, gewöhnlich hüpfend und ſeitwärts, alfo niht nah Art der Spechte. Den Magen fand ih mit Kerbtieren angefüllt.

„Das Neſt des Bündelniſters fand ih in der Mitte des Februar und zwar wiederholt immer an niederen, ſ{hlanken Seitenäſten mittelmäßig hoher Bäume. Dieſes Neſt bildet ein länglihrundes, großes Bündel von kurzen, zum Teil halbfingerdi>en Reiſern, die auf mannigfache Art quer durcheinander gefilzt und aufeinander gehäuft ſind. Jhre Wände ſtehen ſämtlih nach allen Seiten unordentlih hinaus, ſo daß man das Ganze, das zuweilen 1 m lang und noch länger iſt, kaum angreifen kann. Die Reiſer ſind ſämtlih mit verſchiedenartigen Bindeſtoffen zuſammen befeſtigt. Nahe am Grunde oder dem unteren, herabhängenden Ende hat der Vogel einen kleinen, runden Eingang. Er ſteigt alsdann inwendig aufwärts und hat nun in dem äußeren, großen Reiſigbündel das eigentliche Neſt von Moos, Wolle, Fäden, Baſt und dürrem Graſe recht dicht zuſammengewebt. Reißt man das äußere große Neiſigbündel auseinander, ſo findet man darin die eben beſchriebene kleine, rundliche, oben geſchloſſene Neſtkammer, in welcher der Vogel ſehr weih, warm und ſicher ſit. Ex vergrößert alljährlich ſein Neſt, indem ex immer in der nähſten Paarzeit rings um den ſchlanken Zweig herum auf das vorjährige Reiſigbündel ein neues ſeßt und darin ſein kleines Moosneſt erbaut. Die ſonderbaren Gebäude ſind zum Teil ſo ſchwer, daß ein Mann ſie kaum \hwebend zu halten vermag. Öffnet man den merkwürdigen Bau, ſo findet man zu oberſt jedesmal das neue Neſt und unter ihm eine Reihe von alten, die oft vom Männ<en bewohnt werden.“

Swainſon, der das Neſt zuerſt beſchrieb, verſichert, daß es der Landſchaft ein beſtimmtes Gepräge verleihe. Das Gelege beſteht aus 4 rundlichen, rein weißen Eiern.

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