Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Gloc@envögel: Verbreitung. Aufenthalt. Stimme. Gefangenleben. 559

meinen Fragen an meinen Bruder, von dem ih nun exfuhr, daß dies die Stimme des Glö>ners ſei. Kein Geſang, keine Stimme irgend eines der befiederten Bewohner der Wälder Guayanas, ſelbſt niht die ſo deutlich ausgeſprochenen Worte der Ziegenmelker, hatten mi in gleiches Erſtaunen verſeßt wie die Glo>entöne des Hämmerlings. Daß die Vögel in Guayana die Gabe der Sprache beſaßen, hatte ih ja ſhon erfahren; ſolhe Töne aber waren mix bisher no< gänzli<h unbekannt geblieben, und meine Aufmerkſamkeit konnte jeßt dur< nihts anderes von dieſem wunderbaren Sänger abgezogen werden.

„Zn der Nähe der Küſte gehört der Glö>ner zu den Strichvögeln; am Demerara und Berbice erſcheint er gewöhnli<h im Mai und Juni; die unmittelbare Küſte beſucht er nie. Hohe Gebirgs8waldungen ſcheint er am meiſten zu lieben, jedo< nur bis zu einer Höhe von 400—500 m emporzuſteigen. Seine zauberhaften, glo>enreinen Töne läßt ex meiſt von dem äußerſten Gipfel der rieſigen Morabäume erſchallen, die er beſonders dann gern aufzuſuchen ſcheint, wenn ſih dort ein dürrer Zweig findet. Zwei Männchen habe ich nie auf demſelben Baume bemerkt, wohl aber antworten ſie ſi< gern von verſchiedenen Bäumen her. Jeden Morgen begrüßen ſie den jungen Tag mit ihren metallreinen Tönen und nehmen unter allen Sängern am ſpäteſten Abſchied von der ſcheidenden Sonne. Fn der Ruhe hängt der Schnabelzipfel ſeitlih herab; läßt der Glöcner aber ſeine Laute erſchallen, ſo bläſt er den Zipfel auf, der ſih dann zugleich mit der Spigze um ſeine eigne Wurzel herumdreht. Stößt er bloß einen einzelnen Ton aus, ſo rihtet ſich der Zipfel augenbli>lih empor, fällt aber unmittelbar nah dem Ausſtoßen des Tones wieder um, beim nähſten Schreie abermals ſi< emporrihtend. Die Weibchen mit ihrem beſcheidenen zeiſiggrünen Gefieder ſiven nie ſo hoh wie die Männchen und halten ſih ſtets in dem niederen Gezweige der Waldbäume auf. Mir ſind überhaupt nur wenige vorgekommen, was wohl darin ſeinen Grund haben mag, daß das Weibchen vollkommen ſ{<hweigſam iſ und ſi zugleich infolge ſeines grünen Gefieders nur ſehr \<hwer aus dem ebenſo grünen Laube der Bäume herausfinden läßt. Merkwürdig ſehen die jungen Männchen in ihrem Übergangskleide von Grün zu Weiß aus. Fm zweiten Fahre haben ſie ein förmlih geſhe>tes Gefieder, und erſt im dritten Fahre erhalten ſie das Kleid ihres Vaters.“

Jh habe Gelegenheit gehabt, einen gefangenen Glo>envogel längere Zeit zu beobachten, und bin daher im ſtande, Vorſtehendes zu ergänzen. Das allerdings laute und metalliſche, in der Nähe gehört aber ſehr rauhe, etwas kraßende und wenig wohllautende, eher unangenehme Geſchrei erinnert am meiſten an die Stimmlaute der Froſchlurche. Der Laut, den man am häufigſten und nah oftmaliger Zählung in Zwiſchenräumen von einer halben Sekunde 7—25mal nacheinander vernimmt, klingt in der Nähe wie „garréi“/, wobei der erſte Selbſtlauter nur angedeutet wird, die lebten beiden dagegen hell und vernehmlith, dem Shlage eines Hammers auf den Amboß ähnlich klingen. Zuweilen hört man auh piepende Laute, die ſo ſ<hwach ſind, daß ſie ſchon in geringer Entfernung verklingen. Manthmal vertönt er ſeinen Hauptruf in ungewöhnlicher Weiſe, indem er ein heiſeres „Grrr“ als Vorſchlag ausſtößt und dieſem ein lautes, helles, langgezogenes „Zü“ anhängt. Wenn er einmal ruft, ſtößt er die Hauptlaute in Abſäßen von 10—15 Sekunden Dauer aus, unterbricht ſih jedo< man<mal, um mit verſchiedenen Lauten abzuwe<ſeln. Er bringt dann mehrere Male den Hauptlaut hervor, ſhweigt hierauf ein Weilchen, ruft nunmehr eine halbe Minute lang faſt ununterbrochen in gewöhnlicher Weiſe, hweigt wiederum ein wenig und läßt endlich die Laute mit dem heiſeren Vorſchlage vernehmen. Die piependen Laute hört man nur, wenn er zuſammengekauert auf einem Aſte ho>t und tieſſter Ruhe pflegt, die lauten, gellenden dagegen, wenn er aufgerichtet ſißt oder ſich bewegt.

Je länger er ſchreit, um ſo erregter ſcheint er zu werden, ſo daß man nicht verkennen kann, daß er ſih währenddem. in einem Liebesrauſche befindet oder balzt. Mit Beginn des