Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2

Eis8vogel: Verbreitung. Aufenthalt. Leben3weiſe. 55

Site, auf welhen man ihn dann ſhon von weitem bemerken kann. Ganz auf höhere, freie Zweige oder gar auf die Wipfel höherer Väume fliegt er nur, wenn er ſih paaren will.“ Die Nacht verbringt er unter einer überhängenden Uferſtelle oder ſelbſt im Fnneren einer Höhlung. Jeder einzelne Eisvogel, oder wenigſtens jedes Paar, behauptet übrigens ein gewiſſes Gebiet und verteidigt es mit Hartnäckigkeit: er duldet höchſtens den Waſſerſ{<hwäßer und die Bachſtelze als Genoſſen.

Wenn irgend ein Vogel „Sißfüßler“ genannt werden darf, ſo iſt es der Eisvogel. Er ſitt bu<hſtäblih halbe Tage lang regungslos auf einer Stelle, immer ſtill, den Blik auf das Waſſer gekehrt, mit Ruhe einer Beute harrend, „Xühl bis ans Herz hinan“, ſo re<t nah Fiſcher Art. „Seine kleinen Füßchen“, ſagt Naumann, „ſheinen nur zum Sitzen, nicht zum Gehen geeignet; denn er geht äußerſt ſelten und dann nur einige Schritt: hen, etwa auf der kleinen Fläche eines Steines oder Pfahles, aber nie auf flachem Erdboden.“ Ungeſtört wechſelt er ſeinen Siß bloß dann, wenn er verzweifelt, von ihm aus etwas zu erbeuten. Jſſt das Glü> ihm günſtig, ſo bringt er weitaus den größten Teil des Tages auf derſelben Stelle zu. Wenn man ihn geduldig beobachtet, ſieht man ihn plößlih den Hals ausſtre>en, ſih nah vorn überbeugen, ſo daß der Schnabel faſt ſenkrecht nah unten gerichtet iſt, und plößlih wie ein Froſch oder richtiger wie ein Pfeil in das Waſſer ſtürzen, ohne daß er dabei die Flügel gebraucht. Gewöhnlich verſhwindet er vollfommen unter dem Waſſer, arbeitet ſi< aber dur einige Flügelſchläge bald wieder zur Oberfläche empor, ſhwingt ſi< von neuem zu ſeinem Siße hinauf, ſchüttelt das Waſſer vom Gefieder ab, pußt dieſes vielleiht auc ein wenig und nimmt die vorige Stellung ein. Hat er ſih mehreremal vergebli<h bemüht, Beute zu gewinnen, oder gar feinen Fiſch geſehen, ſo entſchließt er ſi endlih, ſeinen Plaß zu wechſeln. Das Fliegen erfordert, wie es ſcheinen will, alle Kraft und Anſtrengung des Vogels; denn die kurzen Schwingen können den ſ<weren Rumpf kaum fortſhleppen und müſſen ſo raſh bewegt werden, daß man die einzelnen Bewegungen nicht mehr unterſcheiden kann. Trobdem, oder vielleicht gerade deshalb iſ der Flug reißend ſchnell, aber auh ſehr einförmig. Der Eisvogel ſchießt, ſolange er fann, in einer geraden Linie dahin, immer gleih hoh über dem Waſſer hinweg, und dreht und wendet ſih nur mit dem Gewäſſer, entſchließt ſich wenigſtens höchſt ungern, den Fluß oder Bach zu verlaſſen. Weiter als 500 oder 600 Schritt dehnt er einen ſolhen Flug nicht leicht aus: ungeſtört fliegt er nie weiter als bis zu dem nächſten Sigplagze. Doh treibt ihn der Hunger oder die Not überhaupt zuweilen auc zu Flugkünſten, die man ihm niht zutrauen möchte. Manchmal ſieht man ihn ſih über das Gewäſſer erheben, plößlich flatternd oder rüttelnd ſi ſtill halten, ſorgſam nah unten ſchauen und mit einem Male von dieſer Höhe aus in die Tiefe ſtürzen. Derartige Künſte, die bei anderen Gliedern ſeiner Familie üblich ſind, betreibt er insbeſondere über breiten Gewäſſern, deren Ufer ihm geeignete Warten nicht gewähren, zumal wenn es ſih darum handelt, die zahlreiche Brut zu ernähren; ſie ſcheinen alſo gewiſſermaßen das legte Mittel zu ſein, das er anwendet, um Beute zu erringen. Wenn ſi die Liebe in ihm regt, macht er von ſeiner Flugbegabung no< umfaſſenderen Gebrauch.

Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus kleinen Fiſchen und Krebſen, nebenbei aber auh aus Kerbtieren, mit welchen namentlih die Brut groß gefüttert wird. Er iſt gefräßig und bedarf zu ſeiner Sättigung mehr, als man anzunehmen pflegt. Wenn den Erforderniſſen ſeines Magens Genüge geſchehen ſoll, müſſen ihm tagtäglih 10—12 fingerlange Fiſchchen zum Opfer fallen. Hinſichtlih der Art der Fiſche zeigt er ſich niht wähleriſch, fängt vielmehr jeden, deſſen ex habhaft werden kann, und weiß ſelbſt eine ziemlih große Beute zu bewältigen. Auf dieſe lauert er, nah Naumanns Ausdru>, wie die Kaße auf die Maus. Er fängt nur mit dem Schnabel, ſtößt deshalb oft fehl und muß ſi zuweilen ſehr