Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3

Mittelſhnepfe. Heerſchnepfe. 9

Dieſelben Feinde, die der Bekaſſine nachſtellen, bedrohen auch die Mittelſ<hnepfe. Jhr Wildbret iſt das köſtlihſte aller Shnepfen, ihre Jagd die leichteſte, die beklagenswerte Abnahme der Art infolgedeſſen ſehr erklärlich. i

Die Heerſchnepfe oder Bekaſſine, auh Sumpf-, Moos-, Bruch-, Nied-, Gras-, Haar-, Ketſh-, Herren- oder Fürſtenſhnepfe genannt (Gallinago caelestis, gallinaria, scolopacina, scolopacinus, japonicus, burka, latipennis, niloticus, uniclavata und uniclaya, Scolopax gallinago, brehmii, sabini, uniclayata, peregrina, pygmaea, lamottii und saturata, Telmatias gallinago, petenyi, salicaria, stagnatilis, septentrionalis, lacustris, peregrina, brachypus und faeroensis, Ascolopax gallinago), iſt der Mittelſhnepfe ſehr ähnlich, oberſeits auf braunſhwarzem Grunde durch einen breiten, roſtgelben Streifen, der längs der Kopfmitte verläuft, und vier lange, roſtgelbe Streifen, die ſih über den Rücken und die Schultern ziehen, gezeichnet, auf der Unterſeite dagegen weiß, auf dem Vorderhalſe grau, hier, auf der Oberbruſt und an den Seiten braun gefle>t. Der Shwanz wird von 14 Steuerfedern gebildet. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel ſ{hwarz, der Fuß dunkel hornfarben. Die Länge beträgt 29, die Breite 45, die Fiitihlänge 13, die Schwanzlänge 6 em.

Dex Norden Europas und Aſiens iſt auch die Heimat der Heerſchnepfe; ſie geht jedo<h niht ſo hoh hinauf wie die Mittelſchnepfe und brütet überall, wo es große Sümpfe gibt, wahrſcheinlih no< im Süden Europas und vielleicht ſogar im Norden Afrikas. Jn Norddeutſhland, Holland, Dänemark, Skandinavien, Livland, Finnland und Südſibirien iſt ſie an geeigneten Örtlichkeiten außerordentlich gemein. Während ihres Zuges beſucht ſie alle größeren und kleineren Sümpfe, Brüche und Moore, welche zwiſchen ihrer Sommer- und ihrer Winterherberge liegen. Lebßtere nimmt vielleiht noh einen größeren Raum ein als ihre Heimat ſelbſt; denn die Bekaſſine kommt von Südchina an bis zum Senegal in allen zwiſchen dem 45. und 10. Grade nördlicher Breite liegenden Ländern als Wandervogel vor. Mit Beginn des Oktober erſcheint ſie in Ägypten oder in Fndien in unermeßlicher Anzahl, ſiedelt ſi< in allen Brüchen, Sümpfen und überſhwemmten Reisfeldern an, ſett ſih ſogar an Strömen mit ſandigen Ufern feſt und läuft hier wie ein Strandläufer ungede>t umher, wandert den Strömen nach, ſoweit ſie es in ſüdlicher Richtung thun kann, und beſucht möglicherweiſe die Quellen des Nils ebenſo regelmäßig wie die Mündungen des Ganges. Auch ſie gehört troß ihres maſſenhaften Auftretens an einem Orte zu den ungeſelligen Vögeln. Eine kann dicht neben der anderen liegen, wird ſih aber ſhwerlih um ihre Nachbarin bekümmern, und jede einzelne bewegt ſih, mit Ausnahme der Brutzeit, ſtets nah eignem Belieben. Jhre Reiſe legt ſie ebenfalls in der Nacht zurü>; aber auh während des Wanderfluges zieht jede unabhängig von der anderen ihres Weges fort. Unſer Vaterland durhreiſt ſie, ſobald ſih einigermaßen mildes Frühlingswetter einſtellt, alſo unter Umſtänden bereits von Mitte Februar an bis Mitte April, im Herbſte vom Auguſt an bis zum September und Oktober. Fn milden Wintern verweilen viele ſhon bei uns zu Lande; man trifft ſie ſogax in ſchneereihen Wintern hier und da, wenn auch einzeln, an ſogenannten warmen Quellen an. Tro>ene Gegenden durheilt ſie ſo ſhnell wie möglih. Man begegnet ihr nur in feuchten Niederungen, Sümpfen, Moräſten, auf bruchigen Wieſen, kurz, auf Örtlichteiten, die dem eigentlihen Sumpfſe mehr oder weniger ähneln: ein Vorkommen an kahlen Flußufern, wie ih es in Nubien beobachtet habe, gehört zu den ſeltenſten Ausnahmen. Weſentliche Bedingung des Aufenthalt8ortes iſt, daß der Boden Gräſer, Seggen, Ried- und andere Sumpſpflanzen trägt und ihren Bohrarbeiten kein Hindernis bietet. Auf ſolchen Stellen, wel<he wir kurzweg Sümpfe nennen wollen, treibt ſie, mit Ausnahme der Brutzeit, ihr Weſen ſo ſtill, daß man von ihrem Vorhandenſein nihts wahrnimmt. Auch ſie