Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Entwi>kelung der Eier und Larven. 639

vorkommt. An dem Halſe ſproſſen die einzelnen Kiemen in Geſtalt winziger Bäumchen hervor, verſchwinden aber bei den Froſhlarven bald wieder, indem ſie dur< innere Kiemen erſeßt werden, während ſie bei den Larven der Molche viel längere Zeit beſtehen bleiben. Die weitere Ausbildung der Larve iſt nun weſentlih auf die Entwickelung des Schwanzes und die allmähliche Verarbeitung des Dotters gerichtet. Der Hautſaum der Schwanzfloſſe wird ſehr hoch, der Körper ſchlanker, und nah und nah bilden ſich die Gliedmaßen, die anfangs unter der Haut verborgen ſind und bei den Fröſchen und Molchen \i< in umgekehrter Ordnung zeigen, indem bei leßteren die Vorderbeine vor den Hinterbeinen, bei erſteren die hinteren Beine vor den Vorderbeinen die Haut durhbre<hen. Bei den Froſchlarven ſind die Hinterbeine geraume Zeit allein vorhanden, und der Schwanz bleibt auh no< nah dem Erſcheinen der Vorderfüße das hauptſächlichſte Bewegungswerkzeug; dann aber beginnt die Umwandlung der ſ<hwimmenden, neben tieriſher Nahrung auch pflanzenfreſſenden Larve zu einem hüpfenden, kerbtierfreſſenden Tiere. Die Kiefer waren bisher mit eigentümlichen Hornzähnchen und ſpäter mit Hornſcheiden bewaffnet, die jetzt abfallen; der Shwanz verkümmert nah und nath, vertro>net und ſ<hwindet endlih gänzlich. Dabei iſt noh beſonders bemerkenswert, daß bei mehreren Lurchen, deren Larven Pflanzenfreſſer ſind oder doh wenigſtens in hervorragendem Maße Pflanzennahrung zu ſich nehmen, bei der Verwandlung und beim Übergange zu tieriſcher Koſt eine Verkürzung des Darmrohres eintritt. Bei ungünſtiger Witterung im Herbſte, bei Mangel an Waſſer oder Nahrung, vielleicht auch infolge der Vererbung von Gewohnheiten aus undenklicher Vorzeit fönnen viele LurHlarven ihre Larvenform länger, monate-, ja jahrelang erhalten. Sie wachſen dann oft zu ſogenannten Rieſenlarven heran, die bei Schwanzlurchen ſogar fortpflanzungsfähig werden können, was bei den Quappen der Froſchlurche übrigens niemals eintritt. Namentlich kommen ſolche im Larvenzuſtande verharrende Quappen häufig beim Bergmolche und beim Grasfroſche vor. L. Camerano hat unter den europäiſchen Lurchen 15 Arten aufzählen können, bei welchen dieſe Eigentümlihkeit beobachtet wurde.

„Was nun die Entwickelung der inneren Organe bei der Froſhlarve betrifft“ fährt Vogt fort, „ſo geht auch hier die Bildung des Keimes von einem beſtimmten Punkte, von dem Keimhügel, aus, an welchem ſi zuerſt die Rückenfurche mit ihren ſie begrenzenden Wülſten und nah dieſen die Wirbelſaite als erſte Anlage des Gerippes zeigt; die Zellenmaſſen des Keimes ſind ſehr bald in dem ganzen Umfange des Dotters als BVBauchwandungen und Hautſyſtem ſichtbar; das Ei wird nun länglih, während die RNükenplatte ſi nach oben \<ließt und ſo den Naum herſtellt der für Gehirn und Rückenmark beſtimmt iſt. Man unterſcheidet deutlich die drei Hirnabteilungen mit den ihnen zugehörigen Sinneswerkzeugen: Naſe, Auge und Ohr, bemerkt aber jegt ſchon das Übergewicht des vorderen Hirnteiles über die anderen. Die Entwickelung des Gehirnes und der Sinneswerkzeuge ſelbſt zeigt viel Ähnlichkeit mit derjenigen der Fiſche; die Ausbildung des Gerippes ſtimmt ebenfalls mit der der Fiſche überein. Jn dem abfallenden Schwanze werden nie Wirbelkörper gebildet, während ſie in dem Rumpfe als vollſtändige Ringe entſtehen und dur< die Form von Doppelkegeln hindurhlaufen, die bei den Kiemenmolchen beſtändig bleiben, oder aber auh als Halbringe ſo daß die Reſte der Wirbelſaite auf der dem Bauche zugekehrten Fläche der Wirbel wie in einer Rinne ſte>en. Der mittlere Naum des knorpeligen Urſchädels, in welchen die Spite der Wirbelſaite hineinragt, und der von dem Hirnanhange ausgefüllt wird, iſt bedeutend groß, eiförmig; die ſeitlihen Schädelleiſten ſind ſ{<mal, die Zwiſchenräume zwiſchen ihnen und dem die Augenhöhle begrenzenden Jochbogen ſehr breit; die Geſichtsplatte iſt klein und kurz. Die Kopfknochen bilden ſih größtenteils als Deplatte, zum kleineren Teile als Verknöcherungen des Urſchädels/ der bei den meiſten Gattungen in einzelnen Überbleibſeln zeitlebens beſtehen bleibt.