Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

640 Ein Bli>k auf das Leben dex Geſamtheit.

„Das Herz entſteht bei den Larven ſehr früh aus einer zwiſchen der Unterfläche des Kopfes und dem Dotter abgelagerten Zellenmaſſe und tritt ſehr bald in Thätigkeit. Anfangs iſt es nur ſ{lau<förmig; ſpäter entwi>eln ſi< ſeine einzelnen Abteilungen. Der Aortenſtiel ſett ſich unmittelbar in die Kiemenbogen fort, die anfangs die äußeren, ſpäter die inneren Kiemenfranſen mit Blut verſorgen; aus den vorderen Kiemengefäßen entſtehen die Kopfſ<hlagadern, während die hinteren ſi< zur Bildung der Aorta zuſammenfügen. Das Körperblut ſtrömt längs des Schwanzes dur<h die Hohlader zurü>, verzweigt ſi< aber dann wie bei den Fiſchen auf der Oberfläche des Dotters und kehrt dUr< die Dottervenen in die Vorkammer des Herzens zurü>. Während des ganzen Larvenlebens bleibt dieſer Kreislauf in ſeinen Grundzügen derſelbe, nur mit dem Unterſchiede, daß ſtatt des urſprünglichen Dotterkreislaufes allmählih die Pfortaderbahnen der Leber und der Nieren eintreten. Die Lungen entwi>eln ſi< nun allmählih, und die aus den leßten Kiemenbogen entſpringenden Lungenſchlagadern werden zuſehends größer. Die Luftatmung beginnt ſchon, während die Kiemen einſhrumpfen; die Lungenſhlagadern werden damit ungleih mächtiger; die vorderen Kiemenbogen wandeln ſi gänzlih in die Schlagadern des Kopfes und der Augen um, während die mittleren die Aorta bilden. Während bei den Larven die ganze Menge des Blutes, die aus dem Herzen gepreßt wird, dur die Kiemen geht und dann erſt ſi< im Körper verteilt, erhalten bei den erwachſenen Tieren ſämtliche Körperteile nur gemiſchtes Blut, da eine Teilung der Herzkammer niht vorhanden iſt. Das aus dem Körper zurüſtrömende Blut tritt freilih in die rete, das aus den Lungen kommende in die linke Vorkammer ein; aber beide Blutmaſſen werden in der einfachen Herzkammer gemiſcht und aus dieſer gleihmäßig Körper wie Atemwerkzeuge geſpeiſt.“

Die eben geſchilderte Entwi>kelung iſt freilih bei den einzelnen Ordnungen und Familien niht immer die gleiche. Als ein Beiſpiel außergewöhnlicher Veränderlichkeit mögen hier nur kurz die Atemorgane einiger Keimlinge und Larven angeführt ſein. Bei den Formen, die ihr Ei niht dem Waſſer anvertrauen, haben die ceylaniſche Blindwühle und der Salamander drei äußere Kiemenpaare, der Beutelfroſh zwei, die Geburtshelferkröte und die Blindwühlengattung Typhlonectes ein Paar; die Blattfröſche und Wabenkröten zeigen überhaupt feine Kiemen, indem bei ihnen der Schwanz der Larve als Atmungswertzeug dient. Bei dem Waſſerfroſche von den Salomon-Fnſeln (Rana opisthodon) geſchieht die Atmung der Quappe durch neun Faltenpaare der Bauchhaut.

„Die älteſten Spuren verſteinerter Lurche finden ſh“, wie K. von Zittel ausführt, „in den eten Steinkohlenbildungen Böhmens, Großbritanniens und Nordamerikas. Sie rühren ausſ{<ließlih von Panzerlurhen (Stegocephala) her, ſalamander- oder eide<ſenähnlichen, geſ<wänzten Lurchen, die ein aus feſten Hautknochen beſtehendes, von Augenund Naſenlöhern durhbrochenes Schädeldah und zwiſchen den Scheitelbeinen ſtets ein Scheitello<h beſaßen. Sie hatten einfahe oder mit ſtark gefalteter Zahnmaſſe gefüllte Zähne und ſehr verſchiedenartigen, aber immer als ſehr niedrigſtehend zu betrahtenden Wirbelbau. An der Kehle ſtanden drei große, zum Bruſtgürtel gehörige Platten. Fm Gegenſaß zu den lebenden Lurchordnungen beſaßen die Panzerlurche eine wohlausgebildete, aus verknöcherten Shuppen beſtehende Hautpanzerung, die namentli<h auf der Bauchſeite zur Entwi>elung kam. Alle Panzerlurche verteilen ſih auf die drei Gruppen der Hülſenwirbler (Lepospondyli), Snittwirbler (Temnospondyli) und Ganzwirbler (Stereospondyli). Fm Ganzen herrſchen in der Steinkohlenzeit die Hülſenwirbler vor, die hinſichtlich ihrer Wirbelſäule noh am meiſten an die Jugendformen unſerer heutigen Shwanzlure erinnern; aber auh Schnitt- und Ganzwirbler fehlen niht, und da ſih die zwei lezteren (Gruppen kaum unmittelbar von den Hülſenwirblern ableiten laſſen, ſo erſcheint