Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

642 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.

in Belgien (Hylaeobatrachus) liegt ein unermeßli< langer, dur< feine vermittelnden Zwiſchenformen ausgefüllter Zeitraum. Jm Eocän von Nordamerika und bei Quercy im Oligocän des ſüdlihen Frankreih kommen ſpärliche Reſte großer Shwanzlurche vor. Fm Miocän finden ſi< ſolhe ſchon reichlicher; der jüngſte und berühmteſte Vertreter aber iſt der Andrias scheuchzeri aus dem obermiocänen Süßwaſſermergel von Öningen. Was von diluvialen Molchen bis jetzt vorliegt, ſtimmt mit lebenden Gattungen überein.

„Verſteinerte Blindwühlen ſind bis jezt niht bekannt, und auh die Froſchlurche ſcheinen erſt im Tertiär zur Entwi>kelung gelangt zu ſein. Die älteſten unſicheren Reſte von Fröſchen ſollen, nah E. D. Cope, im Eocän von Wyoming vorkommen. Das Oligocän von Quercy hat prachtvolle Reſte, von denen au< die Weichteile im Phosphorit erhalten find, das Oligocän und Miocän Deutſchlands, Böhmens und Frankreichs zahlreiche Knochen erhalten. Neben den Waſſerfröſhen (Rana) hatte die ausgeſtorbene Gattung der Urfröſche (Palaeobatrachus) die ſtärkſte Verbreitung bei uns, wird aber ſhon im oberen Miocän niht mehr angetroffen. Kröten, Krötenfröſche und Scheibenzüngler beginnen zum Teile {hon im Oligocän und Untermiocän, ſo daß mit Ausnahme der Hylen alle Familien, die jeßt die paläarktiſhe Region bewohnen, ſhon aus dem Tertiär Europas bekannt ſind. Neben den Urfröſchen iſt nur die Gattung TLatonia mit Beſtimmtheit als ausgeſtorben zu betrahten. Jm Diluvium, namentli<h im Löß und in Höhlen, ſind Froſchreſte niht gerade ſelten; ſie gehören aber, ſoweit bekannt, ohne Ausnahme zu noh jeßt lebenden Gattungen und Arten.“

Gegenwärtig beleben Lurche alle Erdteile und verbreiten ſi<h, mit Ausnahme des nördlichſten Teiles der Erde, über alle Gürtel. Wärme und Waſſer ſind, und zwar in noh höherem Grade als bei anderen Klaſſen, die Bedingungen zu ihrem Leben und Gedeihen. Jhre Abhängigkeit vom Waſſer iſt ſo groß, daß ſie ohne dieſes niht gedacht werden können da ſie, mit wenigen Ausnahmen, ihre erſte Fugend darin verleben müſſen. Die zweite Lebensbedingung, Wärme, erklärt es, daß ſi ihre Anzahl gegen den Gleicher hin außerordentlich ſteigert, ſo daß man faſt ſagen kann, die Wendekreisländer ſeien ihre eigentliche Heimat. Jmmer aber wählen ſie ſi< nur die ſüßen Gewäſſer zu ihrem Aufenthalte oder zur Erziehungsſtätte ihrer Nachkommenſchaft und meiden das Meer oder ſal: zige Gewäſſer überhaupt. Jn der Regel ſind ſie unvermögend, Meeresarme zu überſchreiten; deshalb ſeßt auh das Meer ihrer Verbreitung in weitaus den meiſten Fällen unüberſteigbare Schranken. Wo ſie denno<h auf vom Feſtlande getrennten Fnſeln vorkommen, iſt ent? weder an eine Verſchleppung des Laiches dur< Vögel oder an eine neuere Landverbindung ihrer Heimatsinſeln in allerjüngſter Zeit zu denken. Ein beträchtlicher Teil der Lurche verweilt in allen Lebenszuſtänden im Waſſer, die Mehrzahl aber, nachdem ſie ihre Verwandlung überſtanden hat, außerhalb des Waſſers, obſchon nur in feuhten Gegenden. Da, wo die Wüſte zur wirklichen Herrſhaft gelangt iſt, gibt es keine Lurhe mehr, da hingegen, wo Waſſer, wenn ſchon nur zeitweilig aber alljährlich, ſih findet, fehlen auch ſie niht; denn ebenſogut wie bei uns zu Lande den Winter, verbringen ſie dort die ihm entſprechende tro>ene Jahreszeit, tief eingebettet im Schlamme oder doh in Höhlungen, in todähnlihem Schlafe, aus welchem ſie der Beginn des nächſten Frühlings we>t. Fn allen Gegenden der Gleicherländer, wo eine regelmäßig wiederkehrende Regenzeit das Fahr in beſtimmte Abſchnitte teilt, verſ<hwinden ſie mit Beginn der Trokenheit gänzlich und ſtellen ſich wieder ein, nachdem der erſte Regen gefallen iſt, weite Stre>en, auf welchen man vorher von ihrem Vorhandenſein keine Ahnung hatte, wie mit einem Zauberſchlage belebend. Ein ſol<her Sommerſchlaf kann, wie O. Mohni>e für Java nachweiſt, 5 Monate