Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

Anzahl der Arten. Leben8weiſe. Begabung. Nahrung. 645

die faſt überraſchende Fertigkeit, mehr oder weniger klangvolle, laute und abgerundete Töne hervorzubringen. Fhre Stimmen ſind es, die nachts im Urwalde alle übrigen wenn au niht übertönen, ſo doh ununterbrochen begleiten, ihre Stimmen, die bei uns zu Lande in den Sommernächten zu den vorherrſchendſten werden. Mehrere Arten der Klaſſe machen von dieſer Begabung ſo umfaſſenden Gebrauch, daß ſie zu Störern der nächtlichen Ruhe werden oder ein ängſtlihes Gemüt in Furcht und Verwirrung ſeßen können. Doch ſind, wie ih bereits hier bemerke, nur die Erwachſenen im ſtande, zu ſchreien, die Larven und Jungen hingegen und mitunter auh die Weibchen ſind ſtumm.

Über die höheren Fähigkeiten haben wir noh nict genügende Beobachtungen angeſtellt, um ein gere<htes Urteil zu fällen. Daß alle fünf Sinne entwi>elt, namentlich die drei höheren wohl ausgebildet ſind, haben wir geſehen; daß ihre Hirnthätigkeit ſich in einer Weiſe äußert, die von Verſtändnis für die Außenwelt, von einer gewiſſen Überlegung zeugt, daß ſie in beſhränktem Grade ſih gewöhnen oder abrichten laſſen, alſo Veränderung der Umſtände erkennen und danach handeln, läßt ſi< niht in Abrede ſtellen: trobdem dürfte ſo viel feſtſtehen, daß ſie zu den geiſtloſeſten aller Wirbeltiere gehören und an Verſtand kaum die niederſten Kriechtiere, niht die höchſten Fiſche übertreffen. Das über das geiſtige Weſen der Kriechtiere im allgemeinen Geſagte gilt au< für ſie, und wahrſcheinlih mit Recht geſtaltet ſi<h unſer Urteil no< ungünſtiger über ſie als über jene. Jm allgemeinen übertreffen die geiſtigen Fähigkeiten der Kröten, der Laubfröſche und ſelbſt die der Molche diejenigen der Waſſerfröſche, und zwar nicht bloß bei Uns, ſondern, nah C. C. Abbott, auh in Nordamerika. Von einem geſelligen Zuſammenleben unter ihnen kann im Ernſte nicht geſprochen werden. Die gleiche Örtlichkeit bindet ſie aneinander, niht gegenſeitige Zuneigung: ſobald ſie ihren Geſchlechtstrieb befriedigt haben, kümmern ſie ſich niht mehr umeinander. Auch die Fürſorge, die einzelne von ihnen den Jungen widmen, darf niht überſhägt werden, obgleih ſi freilih von uns nicht entſcheiden läßt, inwieweit dieſe Fürſorge eine von ihnen durhdahte oder doh empfundene iſt. Beobachtung der Art und Weiſe, wie einzelne Arten ſi< ihrer Brut annehmen, läßt uns die unhaltbare Annahme einer von außen her einwirkenden Kraft, wenn auh niht verſtändlich, ſo doh entſhuldbar erſcheinen, weil die jener Annahme entgegengeſeßte Anſicht, die ſicherlich die rihtige ſein wird, ein Maß von Verſtand vorausſeßt, für das wir im ſonſtigen Leben und Treiben der Lurche keinen Anhalt finden.

ES iſt wahrſcheinlih, daß es unter den Lurchen nur wenige Tagtiere gibt. Fhr Leben beginnt meiſt kurz vor oder mit Einbruch der Dämmerung und währt bis gegen den Morgen fort; am Tage pflegen, obſchon in ſehr verſchiedener Weiſe, die meiſten der Ruhe. Während die einen ſi< einfa<h verkriechen und hier faſt bewegungslos bis zum nächſten Abende verharren, gönnen ſi< andere die Wohlthat der Beſonnung, begeben ſi<h deshalb an geeignete Ortlichkeiten und verbringen den Tag in einem Halbſ{<lummer, der jedoh niemals jo tief iſt, als daß ſie ſi< ciner Gefahr unvorſichtig preisgeben oder eine ſih ihnen bietende Beute vernachläſſigen ſollten. Aber auch ſie bekunden dur Regſamkeit, Gequake und dergleichen, daß der Mond ihre Sonne, die Nacht die Zeit iſt, in welcher ſie ihren eigentlichen Geſchäften nachgehen.

Mit der Verwandlung ſteht die Nahrung in einem beſtimmten Verhältnis. Alle Lurche find Raubtiere; die Beute aber, der ſie nachſtreben, iſt, je nah dem Alter, eine verſchiedene. Die Larven nähren ſich, wie Leydig bei vielen von ihnen feſtſtellte, im früheſten Fugendzuſtande von allerlei Kleingetier, „indem ſie wie die Negenwürmer ihren Darm ununterbrochen mit Schlammerde füllen und dabei kleine tieriſche Weſen, Fnfuſorien, Nädertiere, Schalenkrebschen, aber au< Diatomeen, in Menge einſhlürfen“, Der Fnhalt des Darmes verſchiedener von Leydig unterſuchter Kaulquappen war immer mehr oder weniger derſelbe: