Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3

646 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.

das Vorhandenſein verſ<hlu>ter Algen und ähnlicher Pflanzen erklärte aber auch die früher allgemein für rihtig gehaltene Annahme, daß beſagte Larven ſi< aus\<ließli<h von Pflanzenſtoffen nähren und erſt nah ihrer Umwandlung zu Raubtieren werden ſollten. Allerdings fönnen Larven geraume Zeit bei ausſ{hließliher Fütterung mit Pflanzennahrung, namentli<h Semmelkrume, leben, ſi<h dem Anſchein na<h au< wohl befinden, verlangen aber, ſollen ſie gedeihen und namentlih ſollen ſie ſi< verwandeln, bald träftigere Koſt, tieriſhe Stoffe nämlih. Als Raubtiere erweiſen ſie ſih bereits in ſehr früher Jugend dem, der ſie längere Zeit beobachten kann; denn ſchon ſie nagen ſhwächere Larven, gleich: viel ob ſolche ihrer eignen oder einer anderen Lurchart, ohne Umſtände an. Einmal verwandelt, jagen alle Lurche auf lebende und ſi< bewegende Tiere der verſchiedenſten Art, vom Würmchen an bis zum Wirbeltiere hinauf, die einen, indem ſie ſie ſ<wimmend verfolgen, die anderen, indem ſie die ins Auge gefaßte Beute dur einen Sprung oder dur< raſches Vorſchnellen ihrer Zunge zu ergreifen ſuchen. Von jeßt an verſchonen ſie niht einmal ihresgleichen oder ihre Verwandten, verſchlingen vielmehr dieſe ebenſogut wie jedes andere Tier, das ſie überhaupt bewältigen können. Einzelne Froſcharten jagen erwieſenermaßen mit Vorliebe auf andere Fröſche, ja ſind auf ſolche als Hauptnahrung angewieſen. Wie bei den Kriechtieren ſteigert ſi<h mit zunehmender Wärme ihre Freßluſi. Jn den Sommer- und Herbſtmonaten ſind unſere Lurche wahrhaft gefräßige Raubtiere; im Frühlinge genießen ſie wenig, obgleih man wegen des vorausgegangenen Winterſchlafes das Gegenteil erwarten möchte.

Nach dem Erwachen aus dem Winterſchlafe regt ſih bei ihnen der Fortpflanzungstrieb, der auch ſie, die ſtumpfgeiſtigen Geſchöpfe, in beſonderem Grade belebt. Um dieſe Zeit herrſht, im Norden wenigſtens, oft noh re<ht rauhe Witterung; die Wärme beträgt faum 2 Grad über dem Gefrierpunkte; große, unzertaute Eisſtücke {{<wimmen vielleicht noh in dem Gewäſſer umher: das aber ficht die Lurhe wenig an; ja, angeſtellten Verſuchen zufolge ſcheint ſogar eine wiederum abnehmende Wärme des Waſſers die Begattung zu beſchleunigen. Sobald der Laich abgelegt iſt, trennen ſih die Pärchen, auch die, die mit größter Jnnigkeit aneinander zu hängen ſchienen, und jedes Geſchle<ht geht nun wieder ſeine eignen Wege. Die auf dem Lande lebenden verlaſſen das Gewäſſer, Feldſröſche begeben ſi< auf Ä>er und Wieſen, Baumfröſche erklimmen die Wipfel der Bäume, Salamander verfügen {ih in ihre Jagdgründe, um fortan ihr einförmiges und für ſie anſcheinend doh ſo behagliches Sommerleben zu führen, bis der eintretende Winter durch ſeine Kälte oder in Tropenländern dur ſeine Dürre dieſem ein Ende macht und einen jeden zwingt, ſi für die ungünſtige Jahreszeit ein geſhüßtes Ruhelager zu ſuchen.

So raſh der Lurch ſeine erſte Jugendzeit dur<hläuft, ſo wenige Wochen die Larve bedarf, bis ſie ſi< zum vollkommenen Tiere umwandelt, ſo langſam iſt das Wachstum des leßteren. Fröſche ſind meiſt erſt im vierten oder fünften Fahre ihres Lebens fortpflanzungsfſähig, wachſen aber noh immer fort und erreichen vielleicht erſt im zehnten, zwölften Lebensjahre ihre vollkommene Größe; Salamander bedürfen noh mehr Zeit, bis ſie ihr äußerſtes Maß erreicht haben, die Rieſenſalamander Japans möglicherweiſe 30 Fahre und mehx. Dafür aber währt ihr Leben auch, falls nicht ein gewaltſamer Tod es kürzt, viele, viele Jahre, ſelbſt unter Umſtänden, die jedem anderen Tiere den Tod bringen würden. Es iſt wahr, daß in Höhlen eingeſchloſſene Kröten am Leben verblieben ſind, falls nur etwas Feuchtigkeit und mit ihr eine geringe Menge von Nahrung eindrang; es iſt dur Beobachtung feſtgeſtellt worden, daß ſie über Jahresfriſt in künſtlich für ſie bereiteten Höhlen zugebracht haben, ohne dem Mangel zu erliegen: ihre Zählebigkeit übertrifft alſo wirklich die aller anderen Wirbeltiere. Von einzelnen Kriehtieren wiſſen wir, daß abgebrochene Schwänze ſich bei ihnen bis zu einem gewiſſen Grade wieder erſeben, d. h., daß ein Stummel