Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Weſen. Gefräßigkeit. Augriffe auf Menſchen. 441

gehalten, weil die Haifiſhe unter den Thunen entſeßlih hauſen und, wenn ſie gefangen werden, dur< den Gewinn, den ſie abwerfen, den Fiſchern die ausgeſtandene Angſt doh nur mäßig vergüten. Auf hohem Meere füllen ſie ſi<h den Wanſt mit dem verſchiedenartigſten Seegetiere, das ſi< ihnen bietet. Einer, der auf hoher See erbeutet und von Bennett unter, u<ht wurde, hatte den Magen zum Plaßen mit kleinen Fiſchen der ver: ſchiedenſten Art, Kalmars und anderen Tintenfiſchen, vollgeſtopft, zur Verwunderung unſeres Forſchers, der anfänglih niht begreifen konnte, wie es dem Rieſen möglich ſei, derartige behende Beute in ſolhen Maſſen zu fangen, und erſt ſpäter zu dem Schluſſe geführt wurde, daß der Hai keine8wegs, wie man gewöhnlih annimmt, ſih auf die Seite wälze, um eine Beute aufzunehmen, ſondern auh mit aufgeſperrtem Maule dur die Wellen ziehe und alles verſhlinge, was bei dieſer Gelegenheit hineingerate.

Das einſtige Glü> des Propheten Fonas wird Menſchenkindern unſerer Tage äußerſt ſelten und niemals in gleihem Umfange zu teil. Ein ähnlicher Fall ſoll verbürgt, ein Matroſe nämlich, der von einem Haifiſhe verſhlungen worden war, wieder ausgeſpieen worden ſein, als der Führer des Schiffes den Räuber mit einer glü>lih treffenden Kanonentugel zum Tode verwundet hatte. Jh gebe dieſe Mitteilung, ohne ſie zu vertreten da ſie mir durchaus nicht glaublih erſcheint. Dagegen dürfte es begründet ſein, daß der Hai zuweilen einen von ihm ergriffenen Menſchen wieder losläßt, und ebenſo, daß ſhwimmende Männer mit Erfolg einen Kampf mit ihm beſtehen. Es wird noch heutigestags behauptet, daß es Eingeborene gäbe, die, mit einem ſharfen Meſſer in der Hand, den Hai im Meere angreifen und ihm den Bauch aufſchlizen, und Dixon verſichert, ſelbſt geſehen zu haben, daß die Bewohner der Sandwich-Fnſeln mit den Haien um die Eingeweide von Schweinen, welche die Matroſen in das Waſſer geworfen, gekämpft hätten. Auf die vielen Erzählungen, die ſolhen Angaben geradezu widerſprechen, aber au<h um ſo bereitwilliger für dur<haus zuverläſſig gehalten werden, brauche ih niht weiter einzugehen, weil faſt jeder Reiſende, der längere Zeit zur See war, davon zu berihten weiß. Schon Gesner erzählt daß man in einzelnen Haifiſhen ganze Menſchen gefunden haben ſoll, „zu Marſilien auff eine Zeit ein ganß gewapneter Mann“; die neueren Fiſhkundigen könnten von hundert und mehr ähnlichen Geſchichten berihten. Während meines Aufenthaltes in Alexandria ſcheute man ſich, im Meere zu baden, weil ein Haifiſh kurz nacheinander unmittelbar an den Häuſern der Stadt Menſchen weggeholt haben ſollte. Fm ſüdlihen Roten Meere ſtrandete eins der Ungeheuer bei der Verfolgung eines Badenden, der noh rechtzeitig des Feindes anſihtig geworden war, ſo eilig wie mögli auf das Land ſprang und von dieſem bis dahin verfolgt wurde. Auch der Arzt Alexander wurde bei Singapurx, als er knietief im Waſſer ſtand, um Muſcheln zu ſuchen, von Haifiſhen überfallen und verlor dabei den re<ten Stiefel, das halbe rete Hoſenbein und ein Stü>k Haut vom Schienbeine, würde auch unzweiſelhaft ſelbſt zum Opfer gefallen ſein, hätte ein herbeigeeiltes Boot die Fiſche nicht verjagt. Bei längeren Seereiſen gewähren die dem Schiffe folgenden, von ihren Lotſen begleiteten Haie dem Beobachter angenehme Unterhaltung; wenn aber das gelbe Fieber auf dem Schiffe hauſt und in kurzen Zwiſchenräumen eine Leiche nah der anderen ins Meer geworfen werden muß, ſind ſie wohl geeignet, auch ein mutiges Herz mit Angſt und Schre>en zu erfüllen. Während der Seeſchlacht bei Abufkir ſollen die Haiſiſche zwiſchen den Schiffen beider Flotten umhergeſhwommen ſein und auf die ihnen von Bord zufallenden Kämpfer gelauert haben; ſie hätten ſi alſo niht einmal durch den fur<htbaren Kanonendonner zurüſ{<hre>en laſſen. -

Es unterliegt nun freilih gar feinem Zweifel, daß Haifiſhe auh Menſchen angreifen und verzehren, aber ſo häufig, wie man na< den umlaufenden Geſchichten annehmen ſollte, ereignen ſi derartige Unglücksfälle denn doh niht. Jedermann iſt von vornherein