Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

490 Zehnte Ordnung: Rundmäuler; zweite Familie: Jnger.

Familie der Fnger (Myxinidae), deren Merkmale jedo< als ſo bedeutſam angeſehen werden, daß Johannes Müller der Gruppe den Rang einer Ordnung zuſprah. Der walzige Leib dieſer Fiſche trägt nur am verdünnten Ende eine niedrige Rundfloſſe, die Lippe des Maules grobe, dur< Knorpel geſtüßte Bärtel, der Gaumen einen einzigen, die Zunge einige wenige, in zwei kammähnlichen Reihen geordnete Zähne. Äußere Augen fehlen; verlümmerte liegen unter Haut und Muskeln verſte>t; die Naſenöffnung, die in ein Rohr aus Knorxpelringen führt und den Gaumen dur<hbohrt, wird hinten dur eine bewegliche Klappe geſchloſſen; eine Gehörkapſel iſt vorhanden, Gehörſteine aber fehlen. Die Kiemenſä>e liegen weit nah hinten und öffnen ſi<h na<h der Speiſeröhre und na< außen durch je einen einzigen Kiemengang oder durh 6—7 Löcher.

Linné deutete die bekannteſte Art der Familie, den Fnger, der au<h Blind-, Schleimund Wurmfiſch ſowie Bauchkiemer genannt wird (M yxine glutinosa, caeca und

Jnger (Ayxine glutinosa). *% natürl. Größe.

limosa, Gasterobranchns coecus), als Eingeweidewurm, und das ſonderbare Tier hat in der That ſcheinbar mehr Ähnlichkeit mit einem ſolchen als mit einem Fiſche. Die Merkmale der nach ihm benannten Gattung der Schleimfiſhe (M yxine) ſind folgende: Der rundlihe Mund trägt 8 Bärtel, die Zunge in jeder Reihe 8 oder 9 knochenharte Zähne, der Gaumen einen hohlen, etwas gekrümmten Knorpelzahn; die Augen ſind verkümmert; die Kiemenöffnungen münden unter der Haut in einen gemeinſamen Schlauch, der ſi jederſeits durch ein Loh nah außen öffnet; die Haut ſondert reihlihen Schleim ab. Die Länge des JIngers beträgt etwa 20 cm; die Färbung iſt ein ſ{hwer zu beſtimmendes Bläulichweiß.

Der Jnger lebt in den höheren Breiten der Meere der nördlichen und ſüdlichen Halbfugel, wird namentli<h an den Küſten von Grönland, Norwegen, Schweden und Großbritannien gefangen, kommt jedo<h auch in der Nordſee, namentlich an der oldenburgiſchen Küſte, beiſpielsweiſe im Jadebuſen vor, und nimmt in der Regel in großer Tiefe, wie es ſcheinen will, vorzugs8weiſe auf ſ{hlammigem Grunde, ſeinen Aufenthalt. Ein Wurm unter den Fiſchen, ſhmaroßt er, wie die ſ{hlimmſten Arten der Eingeweidewürmer, auf und in dem Leibe ſeiner Klaſſenverwandten. Wie ex es treibt, um ſi< einer Beute zu bemächtigen, weiß man nicht, ſondern nur ſo viel, daß er ſich in Muskeln und Eingeweide verſchiedener Fiſche, zumal der Dorſche, Lenge, Heilbutten, Störe und Herings8haie, einbohrt und nah und nach deren Leib bis auf Haut und Knochen auffrißt oder aufſaugt. Unter den in Tiefneßen gefangenen Fiſchen richtet ex zuweilen niht unerheblihen Schaden