Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Eſfte Ordnung. Die BRöhrenherzen (Leptocardü).

Wir ſtehen vor der tieſſten Stufe des Kreiſes der Wirbeltiere, vor den Angehörigen der Familie der Lanzettfiſhe (Branchiostomiidae), Weſen, die man Fiſche nennt, die aber mit allen übrigen Mitgliedern dieſer Klaſſe ſo wenig Ähnlichkeit haben, daß man ſie als Vertreter des Unterkreiſes der Schädelloſen ſämtlichen übrigen Wirbeltieren, den Schädeltieren, gegenüberſtellen kann.

Kurz zuſammengefaßt, beſißt der Lanzettfiſh (Branchiostoma lanceolatum, lIubricum, elongatum, caribaeum und belcheri, Amphioxus lanceolatus und belcheri), die beſtehenbleibende der fünf aufgeſtellten Arten der gleihnamigen Gattung (Bran chiostoma), folgende Merkmale: Sein etwa 5 cm langer Leib iſ geſtre>, ſ{<hmal, kantig, nach beiden Enden hin ziemli<h gleihmäßig zugeſpitzt, am hinteren Ende mit einer zarten, ſenkrehten Floſſe beſeßt, die ſih als ſhmaler Hautſaum oben über einen großen Teil des Rückens, unten bis gegen den After zieht und in der Shwanzgegend lanzettförmig verbreitert. Den am vorderen Leibesende auf der Unterſeite gelegenen Mund umgeben knorpelige Spitzen, die zuſammengelegt und zum Verſchließen der Öffnung benußt werden können. Nach innen geht die Mundöffnung unmittelbar in den weiten Kiemenſchlauch über, der aus vielen nebeneinander liegenden, ſchief von oben na< unten laufenden Knorpelſtäben gebildet und hinten dur<h eine vorſtehende ringförmige Falte vom Darmſchlauche getrennt wird. Das Atmungswaſſer fließt zwiſchen den Knorpelſtäben dur, in eine Kiemenhöhle und durch einen ſi auf der Unterſeite öffnenden Ausführungsgang ab. Der Darmſchlauch erweitert ſih, buchtet ſi< zugleich zu einem der Leber entſprechenden drüſenreichen Vlinddarme aus, verengert ſih ſodann und verläuft bogig bis zum After. Alle Shleimhäute ſind mit Flimmern beſeßt, deren Bewegungen den Durchgang des Atmungs- und Speiſewaſſers vermitteln. Das Herz wird erſeßt durch einen röhrenförmigen, mit den Bogen des Kiemenkorbes in Verbindung ſtehenden Schlauch, der ſih wechſelweiſe zuſammenzieht und wieder ausdehnt und dadurch das durchſichtige, ungefärbte Blut in das feinere Geäder treibt. Die an Stelle der gegliederten Wirbelſäule vorhandene Wirbelſaite erſtre>t ſich von der Schnauzenſpiße bis zum Schwanzende; ihre äußere Hülle, die vorn eine kleine Anſchwellung zeigt, bildet ein Rohr für das Rückenmark, das am vorderen Ende zwei als Augen gedeutete Gebilde trägt.

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