Charakterologie

Die Gejchlechtertypen 159

nur vom Mann wird das typijch Weibliche überhaupt als tlare Geftalt gejehen, und nur die Stau erlebt auf Grund ihres gegenjäßlichen Typs das ty= pilcy Männliche als einheitliche Gejtalt (und nicht wie der Mann es erlebt: als eine ideale Derbindung bejtimmter Tugenden). Da aber jeder Mann aud die Empfindungsweije der Srau mitfühlt (das gehört ja zur echten „Beziehung“ zu ihr), und jede Stau die des Mannes, jo ijt auch hier wieder eine doppelte Dimenjion mit allen Konjequenzen buntejter Überjchneidöungen der Bedeutungen gegeben, und das Bild des typijch Männlichen und des typiih Weiblihen ofzilliert abermals in diejen beiden Blidrihtungen vom Mann zum Weib und vom Weib zum Mann.

7. Da Unmännlichteit nicht mit Weiblichfeit und Unweiblichfeit nicht mit Männlichkeit verwechjelt werden darf, ijt oft gejagt. Damit ijt aber ein neues Problem eröffnet: warum nämlich der unmännlihe Mann aller Welt dennoch als „weibijch” gilt und die unweibliche Stau als „männernd”. Offenbar fann jich ein Mann nicht vom Typ des Männlichen entfernen, ohne nicht dod) noch) von dtejer Dimenjion „Mann— Weib“ her erfakt zu werden (was wieder in der Naturwichtigfeit diefer Dimenjion jeinen guten Grund hat). Es tommt hinzu, daß durch Pervertierung eine wenn aud) verzerrte Ähnlichfeit mit dem Öegentyp entjteht, indem der homoferuelle Mann aus feiner geichlechtlichen Struftur heraus in die Stellung tritt, die fonjt der Stau angewiejen ijt und umgefehrt. Dies wird dann aber wieder außerordentlich fompliziert dadurch, daß er eben doch nody Mann bleibt.

8. Sehr dunfel ijt die eigentümliche Derteilung des Wertes auf die beiden Gejchlehtertypen. Sagt man, eine Epodye (oder ein individuelles Derhalten) jeitypiich männlich, fo ijt das ohne Einfchränfung ein auszeichnendes Urteil. Sagt man hingegen, fie jeien typijch weiblich, jo fühlt man fich meift genötigt, hinzuzufügen: „ohne darum unmännlich zu jein“. Das heikt: der Wert des Weiblichen ijt offenbar viel jtärfer der Umdeutung in den Unwert des Unmännlichen ausgejegt. „ Männlichkeit” zeigt als Wert unverkennbar etwas Abjoluteres — „weiblicy“ als Wert ift jichtlich auf das Männliche bezogen, ijt relativerer Art.!)

1) Es ijt interejjant, die männlihen und weiblichen Rollenfächer des Theaters daraufhin zu betrachten. Sie find aus den Typen der männlichen und weiblichen Scidjale entitanden, die in den Dramen in übereinftimmender Typit gejchildert werden, und jtellen jomit Typen von männlichen und weiblichen Lebensformen dar.

Es zeigt fich folgendes: Die männlichen Sächer find durchweg nad) der Stellung zur Welt, zum Leben orientiert — die weiblichen hingegen nad) der Stellung zum Mann. Kennzeichnend für den „Helden“ ift, daß er in Harmonie zum Schidjal lteht; für den „Charafterjpieler“, daß er in Gebrochenheit zu ihm fteht. Alle übrigen